Leitfaden für die Geschäftsführung einer GmbH un...
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Handels- und Gesellschaftsrecht

Leitfaden für die Geschäftsführung einer GmbH und eine Entscheidhilfe für das Opting-Out

Wer ist Geschäftsführer? Für was ist der Geschäftsführer verantwortlich? Wann verletzt ein Geschäftsführer seine Sorgfaltspflicht? Opting-Out: ja oder nein? Solche Fragen stellen sich für jeden Geschäftsführer regelmässig.

1. Geschäftsführung (geregelt in Art. 809 bis 817 OR); ein allgemeiner Überblick

Im Allgemeinen

Alle Gesellschafter üben die Geschäftsführung gemeinsam (sog. Selbstorganschaft) aus, wobei Geschäftsführer nur natürliche Personen sein können. Eine juristische Person, z.B. eine AG, ist als Gesellschafterin gehalten, eine natürliche Person zu bezeichnen, welche an ihrer Stelle die Funktion eines Geschäftsführers ausübt. Die Statuten können hiefür eine Zustimmungspflicht der anderen Gesellschafter vorsehen.

Stellvertretungsfeindlichkeit

Jeder Geschäftsführer muss die ihm obliegenden Aufgaben persönlich wahrnehmen. Die Geschäftsführung ist ein Mandat ad personam, welches keine Stellvertretung erlaubt.

Selbstorganschaft, Pflicht zur Geschäftsführung und Delegationsbefugnis

Die Gesellschafter beschliessen im Rahmen der Selbstorganschaft über sämtliche Geschäftsführungsentscheide gemeinsam. Eine Wahl der Geschäftsführer durch die Gesellschafterversammlung ist nicht erforderlich, es sei denn die Statuten sehen dies vor. Die Statuten können die Geschäftsführung auf einzelne Gesellschafter oder auch auf Dritte, die nicht Gesellschafter sein müssen, übertragen. Gesellschafter sind zur Geschäftsführung verpflichtet, wenn sie davon nicht in den Statuten befreit werden.

Ein Rücktritt als Geschäftsführer ist ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter nicht möglich. Stimmen diese nicht zu müssen die Gesellschaftsanteile verkauft oder auf Austritt oder Auflösung der Gesellschaft geklagt werden. Die Geschäftsführer sind befugt, Direktoren, Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte zu ernennen und diesen bestimmte, eigentlich der Geschäftsführung obliegende Aufgaben, zu übertragen. Wird von dieser Befugnis Gebrauch gemacht, empfiehlt sich die Ausarbeitung eines Organisationsreglements.

Vorsitzender Geschäftsführer

Sofern die Geschäftsführung mehreren Personen obliegt, muss die Gesellschafterversammlung zwingend einen Geschäftsführer mit dem Vorsitz betrauen. Die Statuten können vorsehen, dass derselbe durch die Geschäftsführung bezeichnet werden kann.

Beschlussfassung und Protokollierungspflicht

Ohne andere statutarische Bestimmungen entscheiden mehrere Geschäftsführer mit der Mehrheit der abgegeben Stimmen (relatives Mehr). Jeder Geschäftsführer hat, unabhängig von (s)einer Beteiligung am Stammkapital eine Stimme. Bei Stimmengleichheit hat der Vorsitzende von Gesetzes wegen den Stichentscheid.

Die Statuten können vorsehen, dass die Geschäftsführer mit dem absoluten Mehr entscheiden, den Stichentscheid des Vorsitzenden ausschliessen oder sogar für einzelne Beschlüsse die Einstimmigkeit der anwesenden oder sämtlicher Geschäftsführer verlangen.

Die Geschäftsführung fasst ihre Beschlüsse im Rahmen einer Sitzung. Zirkularbeschlüsse sind zulässig, sofern dies die Statuten vorsehen. Wird die mündliche Beratung durch einen Geschäftsführer verlangt, ist die schriftliche Beschlussfassung ausgeschlossen.

Von Gesetzes wegen besteht keine Protokollierungspflicht. Ein schriftliches Protokoll ist im Hinblick auf die Haftung der Geschäftsführer empfehlenswert.

Zuständigkeit der Geschäftsführung

Die Geschäftsführer sind in allen Angelegenheiten zuständig, die nicht der Gesellschafterversammlung obliegen. Die Geschäftsführer sind verpflichtet, alle Geschäfte tatsächlich zu führen.

Unübertragbare und unentziehbare Aufgaben

Art. 810 Abs. 2 OR enthält eine Liste von unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben die zwingend in der Verantwortung der Geschäftsführer bleiben müssen. Die Geschäftsführer können keine dieser Aufgaben an die Gesellschafterversammlung oder an untergeordnete Stellen (Direktion, Abteilungsleiter etc.) delegieren (Unübertragbarkeit). Die Gesellschafterversammlung kann keine dieser Aufgaben an sich ziehen (Unentziehbarkeit).

Unübertrag- und unentziehbare Aufgaben der Geschäftsführung sind insbesondere:

  • Oberleitung und Oberaufsicht: Zur Oberleitung und Oberaufsicht gehören die strategische Führung, die Allokation der Mittel, die Kontrolle der Direktoren, Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten, der Erlass von Weisungen an die untergeordneten Stellen zur Umsetzung der Unternehmensziele und die Ausgestaltung eines Kontroll- und Informationssystems. Die Oberaufsicht erstreckt sich auch auf betriebswirtschaftliche Aspekte, wie z.B. die unternehmerische Zweckmässigkeit von Entscheiden. – Festlegung der Organisation: Zu bestimmen sind der Vorsitzende (sofern nicht von der Gesellschafterversammlung gewählt), dessen Stellvertreter und der Sekretär sowie die Festlegung der einzelnen Kompetenzen. Die gesamte Organisation kann in einem Organisationsreglement festgehalten werden.
  • Finanzverantwortung: Darunter fallen die Ausgestaltung des Rechnungswesens (Sicherstellung einer sachgerechten Buchhaltung, die dem Geschäftsführer eine jederzeitige und korrekte Einschätzung der finanziellen Verhältnisse der GmbH ermöglicht), die Finanzkontrolle (Prüfung der finanziellen Vorgänge in der Gesellschaft auf ihre Recht. und Ordnungsmässigkeit) und die Finanzplanung (Sicherstellung der finanziellen Mittel, die zur Erreichung der Unternehmensziele erforderlich sind). – Erstellen des Geschäftsberichtes: Der Geschäftsbericht (Jahresbericht und Jahresrechnung, letztere bestehend aus Erfolgsrechnung, Bilanz und Anhang sowie, sofern gesetzlich verlangt, die Konzernrechnung) ist alljährlich zuhanden der Gesellschafterversammlung zu erstellen. Eine wesentliche Neuerung ist die Pflicht der Geschäftsführung zur Beurteilung aller wesentlichen Risiken des Unternehmens. Wird eine Revision durchgeführt, hat diese zu bestätigen, dass diese Risikobeurteilung stattgefunden hat.
  • Vorbereitung und Einberufung der Gesellschafterversammlung
  • Ausführung von Gesellschafterversammlungsbeschlüssen
  • Benachrichtigung des Richters im Falle der Überschuldung

Verantwortlichkeit

Geschäftsführer, welche ihren Aufgaben nicht ordnungsgemäss nachkommen, machen sich im Schadensfall verantwortlich (Art. 827 OR).

Sorgfaltspflicht

Die Geschäftsführer haben ihre Aufgaben pflichtgemäss und zeitgerecht (Sorgfalt in der Organisation) sowie gewissenhaft und gründlich (Sorgfalt in der Aufgabenerfüllung) zu erledigen. Im Rahmen der Oberleitung haben sie die Kontrollmechanismen innerhalb der Gesellschaft zweckmässig auszugestalten und die Abläufe und Ergebnisse durch kritische Lektüre der Berichte, durch das Stellen von Zusatzfragen und die Ausübung des Einsichtsrechtes zu überwachen. Bei fehlender Sachkompetenz sind die Geschäftsführer verpflichtet Fachspezialisten beizuziehen. Die Geschäftsführer haben sich über die Entwicklung der Geldflüsse, der Liquidität und allgemein der Finanzlage in den wesentlichen Zügen auf dem Laufenden zu halten. Bei Investitionsentscheiden ist auf eine angemessene Risikoverteilung zu achten bzw. sind Klumpenrisiken zu vermeiden (Sorgfalt in der finanziellen Führung der Gesellschaft). Letztlich haben die Geschäftsführer die Pflicht, sich um die AHV-rechtlichen Pflichten zu kümmern (Sorgfalt im Bereich der Sozialversicherungsabgaben).

Verletzt ein Geschäftsführer die vorgenannten Sorgfaltspflichten, wird er regelmässig persönlich für daraus entstehenden Schaden verantwortlich. Es gilt ein objektiver Sorgfaltsmassstab: Als Massstab dient das, was ein gewissenhafter und vernünftiger Mensch unter den gleichen Umständen für nötig erachten würde und was daher von einer Person in der Stellung als Geschäftsführer einer bestimmten GmbH erwartet werden darf. Richtigerweise stellen die Lehre und die Rechtsprechung strenge Anforderungen an die Erfüllung der Sorgfaltspflicht.

Treuepflicht und Konkurrenzverbot

Die Geschäftsführer haben Interessenskollisionen zu vermeiden und sind der Gesellschaft gegenüber ausschliesslich verpflichtet. Dies beinhaltet auch die Pflicht zur Verschwiegenheit. Sind Geschäftsführer nicht vom Konkurrenzverbot entbunden, müssen sie dieses beachten. 

2. Revisionsstelle (Art. 818) und Opting-Out

Sofern die GmbH nicht bis am 31.12.2008 ein Opting-Out (Verzichtserklärung auf eingeschränkte Revision) beim Handelsregister eingereicht hat, muss sie sich der ordentlichen oder eingeschränkten Revision unterziehen. Eine Anpassung der bisherigen Statuten ist für das Opting-Out nur erforderlich, wenn die bisherigen Statuten eine Revisionspflicht vorsehen. Ohne diese Revisionspflicht genügt es, sofern die gesetzlichen Vorschriften (keine Pflicht zur ordentlichen Revision und weniger als zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt ) dafür erfüllt sind, eine schriftliche Verzichtserklärung auf die eingeschränkte Revision zusammen mit dem entsprechenden Protokoll der Gesellschafterversammlung und den unterzeichneten zwei vorangehenden Jahresabschlüssen (in der Regel 2006 und 2007), bestehend aus Bilanz und Erfolgsrechnung, beim Handelsregisteramt zur Eintragung einzureichen.

Im Hinblick auf die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung ist bei der Wahl des Opting-Out Vorsicht geboten. Das Vieraugenprinzip gilt auch für Kleinst- und mittlere Unternehmungen und daher kann die eingeschränkte Revision auch dort von grossem Nutzen sein. Die Haftungsrisiken von Geschäftsführern nehmen markant ab, wenn eine Revisionsstelle eingesetzt wird. Oftmals verlangen auch Kreditinstitute die Durchführung einer eingeschränkten Revision.

Hinweis: Die Erläuterungen zum Opting-Out bei der GmbH sind bei einer AG grundsätzlich analog anwendbar.

3. Anpassung der Statuten an das neue Recht bis am 31.12.2009

Beim Handelsregisteramt können sämtliche Geschäfte zur Eintragung angemeldet werden, welche dem geltenden Recht und den festgelegten Statuten der betroffenen Gesellschaft entsprechen. Eine zwingende Vorschrift zur Anpassung von Statuten nach altem an das neue Recht der GmbH innert der Übergangsfrist von zwei Jahren besteht nicht. Enthalten jedoch die bestehenden Statuten spezielle Bestimmungen zur Abtretung (öffentliche Beurkundung), zur Beschlussfassung (z.B. Zweidrittelsmehrheiten), zu Formvorschriften (z.B. Publikationsorgan, Schriftlichkeit oder öffentliche Beurkundung) etc., müssen solche Bestimmungen zwingend berücksichtigt werden, auch wenn diese nach neuem Recht nicht mehr erforderlich wären.

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