Mängel am Occasionsfahrzeug - was sind meine Recht...
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Privatrecht

Mängel am Occasionsfahrzeug - was sind meine Rechte?

Margrit Violetta sieht in ihren Ferien im Toggenburg beim Garagisten S. Chrott ihr Traumauto: ein gebrauchtes, pinkfarbenes Sport-Coupé. Der Garagist schwärmt vom Auto, welches unfallfrei und in tadellosem Zustand sei. Das Auto sei eben erst durchgecheckt und die Kupplung sei ersetzt worden. Er biete ihr sogar eine Gewährleistungspflicht von 6 statt den üblichen 3 Monaten an. Frau Violetta öffnet ihr Täschchen, zieht ein Bündel Geldscheine hervor und kauft das Auto, nachdem sie sich von dessen guten Zustand bei einer Probefahrt überzeugen konnte.

Nach 7 Monaten, als Margrit Violetta an einem Wochenende auf eine Passfahrt aufbrechen will, springt ihr Auto nicht mehr an. Der herbeigerufene Garagist Hilf Indernot stellt fest, dass die Zündkerze defekt ist und zudem die Kupplung alt und am Bersten nah ist. Für Frau Margrit Violetta wird das Traumauto zu einem Albtraumauto. Sie fragt sich, was sie nun machen kann.

Gewährleistung bei Sachmängel

Der Verkäufer haftet dem Käufer gegenüber einerseits dafür, dass die Sache keinen Mangel aufweist, die den Wert oder die Tauglichkeit zum Gebrauch aufhebt oder erheblich mindert und anderseits für speziell zugesicherte Eigenschaften. Der Verkäufer haftet auch für Mängel, die er nicht kannte (vgl. Art. 197 OR). Er haftet aber nicht für solche Mängel, welche der Käufer im Zeitpunkt des Kaufes kannte (vgl. Art. 200 Abs. 1 OR). Für Mängel, die der Käufer bei normaler Aufmerksamkeit hätte kennen sollen, haftet der Verkäufer nur dann, wenn er das Nichtvorhandensein der Mängel speziell zusicherte.

Für unerhebliche Mängel haftet der Verkäufer nicht. Bei Occasionsfahrzeugen kommen Abnutzungen als Mängel nur in Betracht, wenn ihr Umfang abnormal ist.

Der Käufer ist in jedem Fall verpflichtet, das Fahrzeug am Ort der Ablieferung zu prüfen und allfällige Mängel dem Verkäufer sofort (zwei bis drei Werktage) zu melden. Der Käufer ist jedoch nicht verpflichtet, nach Mängel "zu fahnden". Es reicht eine durchschnittliche, aufmerksame Kontrolle des Fahrzeugs. Kommen die Mängel erst später zum Vorschein, sind sie sofort (innert 3 Tagen!) nach Entdeckung (also bei zweifelsfreier Feststellung des Mangels) beim Verkäufer zu rügen. Versäumt dies der Käufer, gilt das Fahrzeug resp. der Mangel als genehmigt (Art. 201 OR). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Verkäufer den Käufer absichtlich getäuscht hat (Art. 203 OR).

Bei einem Sachmangel hat der Käufer die Wahl zwischen der Wandelung (Auto wird zurückgegeben und der Kaufpreis zurückerstattet) und der Minderung (der Kaufpreis wird reduziert). Einen Reparatur- oder Nachbesserungsanspruch kennt das Gesetz bei einem Kauf nicht. Lenkt der Verkäufer nicht ein, muss zuerst ein Schlichtungsverfahren und bei einer Nichteinigung beim zuständigen Gericht eine Klage auf Wandelung oder Minderung einegereicht werden. Dem Richter steht es frei, nur Ersatz des Minderwerts zuzusprechen, wenn es die Umstände nicht rechtfertigen, den Kauf rückgängig zu machen (Art. 205 OR). Dies ist beispielsweise bei kleineren Mängeln der Fall.

Die Verjährungsfrist zur Geltendmachung von Sachmängeln beträgt zwei Jahre, selbst dann, wenn der Mangel erst später entdeckt wird. Die Verjährungsfrist kann mit einer Vereinbarung verlängert oder verkürzt werden. Eine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist bei neuen Sachen auf weniger als zwei Jahre resp. bei gebrauchten Sachen auf weniger als ein Jahr ist bei einem Konsumentenkauf ungültig. Ein Konsumentenkauf liegt dann vor, wenn

  1. die Sache für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Käufers bestimmt ist und
  2. der Verkäufer im Rahmen seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt.

Bei einem Kaufvertrag zwischen Privaten oder beim Kauf des Fahrzeugs für den gewerblichen Gebrauch (z.B. Geschäftsauto), liegt kein Konsumentenkauf vor. Die Verjährungsfrist kann in diesen Fällen auch auf weniger als zwei Jahre resp. auf weniger als ein Jahr verkürzt werden. Der Verkäufer kann die Verjährung jedoch nicht geltend machen, wenn ihm eine absichtliche Täuschung des Käufers nachgewiesen werden kann (Art. 210 OR).

Spezielle Vereinbarungen

Verkäufer und Käufer können auch eine spezielle Vereinbarung treffen, z.B. dass vor der Geltendmachung der Wandelung oder Minderung der Verkäufer das Recht hat, den Mangel zu reparieren.

Zudem kann die Gewährleistungspflicht auf gewisse Bereiche beschränkt oder vollständig aufgehoben werden. Eine diesbezüglich Vereinbarung ist jedoch ungültig, wenn der Verkäufer dem Käufer die Mängel arglistig verschwiegen hat (Art. 199 OR). Bei Kaufverträgen von Occasionsfahrzeugen ist es oft der Fall, dass die Gewährleistungspflicht (umgangssprachlich "Garantie") ausgeschlossen wird (Kauf ab Platz). Im schlimmsten Fall kann es sein, dass das Auto nach dem Kauf auf dem Nachhauseweg stehen bleibt und der Käufer auf den Kosten sitzen bleibt, weil er den Mangel beim Verkäufer nicht geltend machen kann. Einzige Ausnahme ist, wenn der Käufer beweisen kann, dass der Verkäufer ihm den Mangel arglistig verschwiegen hat.

Nicht unterschätzt werden darf, dass in der Regel der Käufer die Beweislast trägt, also beweisen muss, dass der Mangel bereits im Zeitpunkt des Kaufes resp. des Gefahrübergangs bestand. Dies kann - wie die Erfahrung zeigt - in einem Prozessfall äusserst schwierig sein.

In vorliegendem Fall

Was bedeuten diese Regelungen für Margrit Violetta?

Die Vereinbarung der Gewährleistungspflicht von 6 Monaten ist ungültig, weil das Sport-Coupé für den persönlichen Gebrauch des Käufers bestimmt ist und der Garagist S. Chrott im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit handelte. Es liegt also ein Konsumentenkauf vor.  Frau Violetta kann somit auch noch nach sieben Monaten Mängel geltend machen, sofern sie diese sofort (innert zwei bis drei Werktagen) rügt.

Die defekte Zündkerze ist ein Verschleissteil und stellt bei einem Occasionsauto keinen Mangel dar. Frau Violetta muss die diesbezüglichen Reparaturkosten selber übernehmen.

Anders sieht es bei der Kupplung aus. Zwar stellt die Kupplung auch ein Verschleissteil dar. Weil der Garagist S. Chrott Frau Violetta jedoch ausdrücklich zusicherte, dass die Kupplung ersetzt worden sei, was sich aber als falsch herausstellte, haftet er für diesen Mangel. Frau Violetta kann deshalb vom Verkäufer den Erstattung des Minderwerts oder die Wandelung des Kaufvertrags verlangen. Werden sich die Käuferin und der Verkäufer nicht einig, muss Frau Violetta ein Schlichtungsgesuch resp. eine Klage einreichen. Wenn Frau Violetta die Wandelung geltend macht, steht es dem Richter frei, nur Ersatz des Minderwerts zuzusprechen, wenn seiner Ansicht nach es die Umstände nicht rechtfertigen, den Kauf rückgängig zu machen.

Fazit

Beim Kauf eines Fahrzeugs lohnt es sich, den vom Verkäufer vorgelegten Kaufvertrag genau anzuschauen und zu intervenieren, um nötigenfalls Änderung vornehmen oder aber vom Verkauf absehen zu können. Wichtig ist, das Fahrzeug ordentlich zu prüfen und festgestellte Mängel sofort (innert zwei bis drei Werktagen) beim Verkäufer eingeschrieben zu rügen. Bei einem längeren Zuwarten besteht das Risiko, dass ein Gericht davon ausgehen könnte, dass die Sache mängelfrei genehmigt resp. auf die Geltendmachung von Wandelung oder Minderung im Zusammenhang von neuen Mängeln verzichtet wurde. Vorsicht ist auch bei privaten Verkäufern geboten: Sie können die gesetzliche Verjährungsfrist verkürzen.

Der häufigste Fall ist jedoch, dass bei Kaufverträgen von Occasionsfahrzeugen die Gewährleistungspflicht ausgeschlossen wird. Tritt nach dem Kauf ein Mangel zu Tage, haftet der Verkäufer dafür nicht, ausser die Käuferin kann ihm beweisen, dass er ihr den Mangel arglistig verschwiegen hat.

Dieser Artikel wurde erstmals im Clubmagazin des ACS Sektion Bern Ausgabe 03/2017 veröffentlicht.

Artikel aktulisiert am 05.08.2020

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