Gewährleistung, Garantie …
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Privatrecht

Gewährleistung, Garantie …

Bewusst oder unbewusst sind Sie schon oft mit den vorgenannten oder mit diesen zusammenhängenden Rechtsbegriffen in Berührung gestanden. Auf die Gefahr hin, Ihnen die Begriffe nicht näher bringen zu können, werden diese – anhand des Kaufvertragsrechtes, mit Verweisen auf das Werkvertragsrecht – in den nachfolgenden Zeilen ohne Anspruch auf einen hohen Grad von Wissenschaftlichkeit erläutert.

Der Grundgedanke jeder Gewährleistung ist eine verschuldensunabhängige Haftung des Veräusserers eines Rechts oder einer Sache; dieser haftet also auch dann, wenn er den Mangel weder kannte noch hätte kennen müssen. Der Erwerber des Rechts oder der Sache, der den Preis für eine mangelfreie Sache entrichtet hat, darf die Mangelfreiheit des erworbenen Objekts voraussetzen.

Das Gesetz unterscheidet zwischen Rechts- und Sachgewährleistung. Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn zur Zeit des Vertragsabschlusses der Kaufgegenstand durch Rechte eines Dritten belastet ist, welche die Rechtstellung des Käufers beeinträchtigen. Als Sachmangel gelten Fehler körperlicher oder rechtlicher Art und das Fehlen zugesicherter Eigenschaften. Die Abgrenzung vom Sachmangel zum Rechtsmangel ist rechtlich nicht immer klar, weil ein Sachmangel auch rechtlicher Natur sein kann: z.B. ein Gerät entspricht nicht den gesetzlichen technischen Vorschriften, oder ein als «Bauland» verkauftes Grundstück steht unter einem öffentlich-rechtlichen Bauverbot. Beispiele für körperliche Fehler sind zahllos; es fallen u. a. darunter: Feuchtigkeit von Gebäuden, ungenügende Tragkraft von Böden, mangelnde Isolierung von Bauten, fehlendes Inventar, Überbewertung von Aktiven, Unterbewertung von Passiven, Konstruktions- und Verarbeitungsfehler bei Maschinen, Reinheit einer Ware, unrichtige Herkunftsangaben, Unechtheit von Kunstwerken, fehlerhaftes Verpackungsmaterial, wenn dadurch die Haltbarkeit der Sache oder deren Verkäuflichkeit beeinträchtigt werden.

Die gesetzlichen Bestimmungen über das Gewährleistungsrecht sind dispositiver Natur, d.h. die Vertragsparteien können diese vertraglich ändern. Häufig sind sog. Freizeichnungsklauseln, mit welchen ein Verkäufer seine Haftung mehr oder weniger einschränkt. Der Ausschluss der Sachgewährleistung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen; dies z.B. beim Verkauf eines alten Fahrzeuges zu einem sehr niedrigen Preis. Unwirksam ist der Ausschluss der Sachgewährleistungspflicht bei Grundstückkaufverträgen, wenn er nicht öffentlich beurkundet wird. Freizeichnungsklauseln werden einschränkend ausgelegt, also zu Ungunsten derjenigen Partei, welche sie formuliert oder verwendet hat. Der Verkäufer einer Sache haftet nicht für deren Mängel, soweit der Käufer diese zur Zeit des Kaufes gekannt hat oder die er bei Anwendung gewöhnlicher Aufmerksamkeit hätte kennen sollen. Kein Gewährleistungsausschluss erfolgt indessen, wenn der Verkäufer die Mängelfreiheit oder eine bestimmte Eigenschaft einer Sache zugesichert oder absichtlich verschwiegen hat. Mängel im Rahmen des gesetzlichen Gewährleistungsrechts sind grundsätzlich immer sofort zu rügen, sei es nach der Ablieferung der Sache, sei es nach Abschluss einer notwendigen oder vorbehaltenen Prüfung oder nach der Entdeckung versteckter (geheimer) Mängel. Hier ist daran zu erinnern, dass bei Bauten, für welche der Unternehmer eine «SIA-Garantie» nach SIA-Norm 118 leistet, Sachmängel erst vor Ablauf dieser Garantie von zwei Jahren zu rügen sind, sofern die Mängel nicht am wachsenden Schaden liegen.

Klagen auf Gewährleistung wegen Mängel einer beweglichen Sache verjähren von Gesetzes wegen mit Ablauf eines Jahres nach deren Ablieferung an den Käufer und bei Grundstücken nach fünf Jahren, gerechnet ab dem Erwerb (Grundbucheintrag).

Zum Begriff «Garantie» ist festzuhalten, dass der Garantievertrag, bei welchem der Garant einem Begünstigten die Sicherung der Leistung eines Dritten verspricht, in den grossen Rahmen der Sicherungsgeschäfte gehört. Die Garantie eines Verkäufers ist meistens nur als Zusicherung für bestimmte Eigenschaften einer Sache zu verstehen und bedeutet oft keine Besserstellung für den Käufer einer Sache, sondern ändert lediglich dessen gesetzlichen Gewährleistungsanspruch.

Als Beispiel zur Gewährleistung diene der folgende, vom Bundesgericht beurteilte Fall (BGE 130 III 686 ff): A (Klägerin/Käuferin) erwarb mit Kaufvertrag von B (Beklagte/Verkäuferin) ein Grundstück (Wohnhaus mit Umschwung) zum Preis von Fr. 450 000.–, nachdem die Verkäuferin vor dem Verkauf verschiedene Renovationsarbeiten hatte durchführen lassen und im Kaufvertrag die Gewährleistung für körperliche und rechtliche Mängel des Vertragsobjektes im gesetzlich zulässigen Rahmen ausgeschlossen wurde. In der Folge traten in der Liegenschaft Feuchtigkeitsschäden auf. Der beigezogene Gutachter ermittelte zur Mängelbeseitigung einen Aufwand von Fr. 148 400.– und legte die Sanierungskosten wegen Schimmelpilzbildungen und sonstiger Feuchtigkeitsspuren auf weitere Fr. 37 000.– fest. Auf Gesuch der Klägerin/Käuferin hiess der Bezirksgerichtspräsident deren Gesuch um Sicherstellung des Beweises mittels Expertise gut und beauftragte den Experten M mit der Beweissicherung. Dieser stellte in allen untersuchten Proben sehr reichlich Kolonien oder Sporen verschiedener Pilze fest, unter anderem auch einer Gattung, die beim Einatmen als Allergene wirkt. Das Bezirksgericht wies indessen die diesbezügliche Klage ab. Eine gegen dieses Urteil erhobene kantonalrechtliche Berufung der Klägerin wies das zuständige Kantonsgericht ebenfalls ab; es kam zum Ergebnis, der Gewährleistungsausschluss sei wirksam, insbesondere weil der Mangel nicht gänzlich ausserhalb dessen liege, womit ein Erwerber vernünftigerweise rechnen müsse. Die Klägerin gelangte an das Bundesgericht, welches die Berufung teilweise schützte und die Sache zur Vervollständigung der Sachverhaltsfeststellungen an die Vorinstanz zurückwies. Diese hatte ergänzend Feststellungen darüber zu treffen, ob und in welchem Ausmass im Zeitpunkt des Besitzesantritts Feuchtigkeitsmängel bereits vorhanden waren (was die Vorinstanzen unterlassen hatten festzustellen), wobei auch deren Ursachen und die Kosten zu deren Behebung zu ermitteln waren. Anschliessend hatte die Vorinstanz unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zu beurteilen, ob die festgestellten Mängel nach Treu und Glauben als vom Gewährleistungsausschluss erfasst betrachtet werden durften, und erneut über die Klage zu entscheiden.

Alles klar? Bestimmt nicht, wenn sich bereits die Juristen und Gerichte – wie das zitierte Beispiel zeigt – nicht einig sind.

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