Mieterausweisung: Was die Vermieterschaft beachten...
Seitenbeginn

Privatrecht

Mieterausweisung: Was die Vermieterschaft beachten muss

Mit amtlichem Formular hat die die Vermieterschaft vertretende Verwaltung den Mietvertrag,  abgeschlossen mit dem Mieter X., welcher sich in Zahlungsverzug befindet, mit einer  Kündigungsfrist von 30 Tagen per Ende Oktober 2023 gekündigt. Mieter X. hat die Wohnung bei Ablauf des Mietverhältnisses nicht verlassen. Offenbar hat ihn die formgültige Kündigung nicht beeindruckt und er verbleibt trotz des aufgelösten Mietverhältnisses widerrechtlich in der  Wohnung. Die Vermieterschaft wird sich gezwungen sehen, ihren Anspruch auf Rückgabe des Mietobjekts gerichtlich durchzusetzen. Es gilt, beim zuständigen Gericht die Mieterausweisung im sog. Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen zu beantragen.

Zur Mieterausweisung im Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen an sich

Beim sog. Verfahren  um Rechtsschutz in klaren Fällen nach Art. 257 der Schweizerischen Zivilprozessordnung handelt es sich um ein abgekürztes Erkenntnisverfahren, in dem definitiver Rechtsschutz mit voller materieller Rechtskraft gewährt werden kann. Die Mieterausweisung ist ein in der Praxis häufiger Anwendungsfall dieses Verfahrens. Vorteil davon ist, dass bei der Mieterausweisung im Rahmen dieses Verfahrens das mietrechtliche Schlichtungsverfahren entfällt, was eine Zeitersparnis mit sich bringt.

Damit das Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen anwendbar ist, wird zum einen  vorausgesetzt, dass der Sachverhalt liquid ist, das heisst, die anspruchsbegründenden
Tatsachen unbestritten oder sofort beweisbar sind, und zum anderen die Rechtslage klar ist. Der Nachweis dieser Voraussetzungen obliegt der gesuchstellenden Person. Zentral ist daher, dass das Gesuch von Anfang an sorgfältig begründet wird und sämtliche relevanten Belege zu den Akten gereicht werden. Es muss damit gerechnet werden, dass einem das Gericht nach der Stellungnahme der Gegenpartei keine Möglichkeit mehr einräumt, etwas Neues vorzubringen und neue und ergänzende Unterlagen einzureichen bzw. es diese nicht zu den für den Entscheid massgebenden Akten erkennt. Nicht selten scheitert ein Exmissionsgesuch einzig daran, dass es keine genügende Begründung enthält.

Dies bedeutet, dass es mittels schriftlicher Belege, welche es dem Ausweisungsgesuch beizulegen gilt, zu beweisen gilt, dass korrekt gekündigt und der gesetzliche Ablauf der Kündigung eingehalten wurde. Gelingt dieser Nachweis nicht, empfiehlt es sich, nochmals von vorne zu beginnen.

Denn kann dieser Nachweis mangels Vorhandenseins der erforderlichen schriftlichen Belege nicht erbracht werden, verbleibt einem die Mieterausweisung im Rahmen des Verfahrens um Rechtsschutz in klaren Fällen verwehrt und man bleibt auf die Ausweisung der Mieterschaft im vereinfachten Verfahren verwiesen, welche aufgrund dessen, dass sie zwingend ein
vorgängiges mietrechtliches Schlichtungsverfahren voraussetzt voraussetzt, erheblich länger dauert. Ausserdem gilt es auch in diesem Verfahren, den Nachweis der korrekt erfolgten
Kündigung zu erbringen, was auch in diesem Rahmen scheitern dürfte, wenn die erforderlichen schriftlichen Belege fehlen. Zudem ist die Mieterausweisung in diesem Verfahren in der Regel mit höheren Gerichts- und Prozesskosten verbunden als im Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen.

Vorgehen bei Kündigung wegen Zahlungsverzug

Die Gutheissung eines Gesuchs um Mieterausweisung im Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen bedingt, dass korrekt gekündigt wurde. Bei der in der Praxis häufig erfolgenden Kündigung infolge Zahlungsverzugs (Art. 257d des Schweizerischen Obligationenrechts) gilt es, insbesondere Folgendes zu berücksichtigen:  Ist die Mieterschaft nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihr schriftlich eine Zahlungsfrist angesetzt und angedroht werden, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis  ausserordentlich gekündigt werde. Diese Frist beträgt bei Wohn- und Geschäftsräumen mindestens 30 Tage. Eine Kündigungsandrohung mit zu kurzer Fristansetzung ist nichtig. Beruft sich die Mieterschaft hingegen auf diese Nichtigkeit, obwohl feststeht, dass die ausstehenden Mietzinse auch bei korrekter Fristansetzung nicht getilgt worden wären, ist diese Einwendung  rechtsmissbräuchlich. Bei verheirateten oder in eingetragener Partnerschaft lebenden Paaren hat die Kündigungsandrohung zwingend mit zwei separaten Einschreiben an jeden Partner je einzeln zu erfolgen. Der Fristenlauf zur Begleichung des Zahlungsausstands beginnt am Tag nach Empfang der Zahlungsaufforderung. Kann die Kündigungsandrohung durch den Postboten nicht zugestellt werden, beginnt sie am letzten Tag der Abholfrist gemäss Abholungseinladung.

Bezahlt die Mieterschaft nicht innert der gesetzten Frist, kann das Mietverhältnis bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats gekündigt  werden. Eine vor Ablauf der Zahlungsfrist ausgesprochene Kündigung ist unzulässig. Nach höchstinstanzlicher Rechtsprechung ist die Berufung auf diese Unzulässigkeit jedoch unwirksam, wenn die Kündigung erst nach Ablauf der Zahlungsfrist bei der Mieterschaft eintrifft und sie so deren Bemühungen um eine fristgerechte Tilgung der Schuld nicht mehr beeinflussen kann. Abzuraten ist von einem zu langen Zuwarten mit der Kündigung nach Ablauf der Zahlungsfrist. So hat das Bundesgericht entschieden, dass bei einer länger als drei Wochen dauernden Untätigkeit zwischen Ablauf der Zahlungsfrist und der Kündigung, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, von einem Verzicht auf die Kündigung des Vertrags ausgegangen werden darf.

Für die Kündigung muss bei Wohn- und Geschäftsräumen zwingend ein vom jeweiligen Kanton genehmigtes amtliches Formular verwendet werden. Als Begründung kann etwa «Mietzinsausstände gemäss Art. 257d OR» festgehalten werden. Auch das Kündigungsformular gilt es bei verheirateten oder in eingetragener Partnerschaft lebenden Paaren zwingend mit zwei separaten Einschreiben an jeden Partner einzeln zuzustellen.  Als zugestellt gilt die Kündigung, abweichend von der Regelung bei der Kündigungsandrohung, an dem Tag, an dem es dem Empfänger nach dem üblichen Lauf der Dinge zuzumuten ist, die Sendung abzuholen. Das heisst, wenn die Kündigung nicht durch den Postboten zugestellt werden kann, am ersten Tag, an dem diese bei der Poststelle zur Kenntnis genommen werden kann. Dies ist entweder der Tag, an dem die Abholbenachrichtigung in den Briefkasten geworfen wurde, wenn vom Empfänger erwartet werden kann, dass er die Sendung sofort abholt, oder in der Regel der Folgetag.

Die Postquittungen oder Einschreibebelege sowie von der Post retournierte Kuverts müssen aufbewahrt werden. Letztere sollten aus Beweisgründen nicht geöffnet werden.

Wird das Mietobjekt am Abgabetermin nicht zurückgegeben, gilt es in der Folge, beim zuständigen Gericht die Mieterausweisung im hiervor beschriebenen Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen zu beantragen. Werden bei der Kündigung die dargelegten Vorgehensschritte eingehalten, dürfte es in der Regel gelingen, den vollen Beweis für die im Rahmen der Mieterausweisung vorfrageweise zu prüfende rechtsgültige Kündigung des Mietverhältnisses zu erbringen. Mit der Einreichung des Gesuchs um Mieterausweisung sollte nicht zu lange zugewartet werden, damit der Eindruck der faktischen Entstehung eines neuen Mietverhältnisses vermieden werden kann. Gehen nach Beendigung des Mietverhältnisses während des widerrechtlichen Verbleibs im Mietobjekt bis zur Mieterausweisung seitens der Mieterschaft weiterhin Zahlungen ein, gilt es, gegenüber dieser sodann unverzüglich schriftlich zu erklären, dass diese Zahlungen als Schadenersatz für den widerrechtlichen Verbleib im Mietobjekt angeschaut werden und nicht als Mietzinszahlungen.

Vollstreckung des Mieterausweisungsentscheids

Konnte im Rahmen des Verfahrens um Rechtsschutz in klaren Fällen ein rechtskräftiger Entscheid erwirkt werden, womit die Mieterschaft verurteilt wird, das betreffende Mietobjekt zu verlassen, und kommt diese dem nicht nach, kann im Kanton Bern beim örtlich zuständigen Regierungsstatthalteramt der Vollzug des Entscheids beantragt werden. Im Kanton Bern regelt die Exmissionsverordnung das Vorgehen bei einer mit einem Ausweisungsentscheid gerichtlich bewilligten Räumung eines Mietobjekts (sog. Exmission).

Fazit

Gelingt es, mittels schriftlicher Belege nachzuweisen, dass rechtsgültig gekündigt wurde und der gesetzliche Ablauf der Kündigung eingehalten wurde, ist die Mieterausweisung einer nach Kündigung widerrechtlich im Mietobjekt verbleibenden Mieterschaft im raschen und verhältnismässig kostengünstigen Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen möglich. Erfolgte die Kündigung fehlerhaft, ist die Vermieterschaft oftmals gehalten, mit dem Kündigungsprozedere nochmals von vorne zu beginnen. Im Zweifelsfall wird daher empfohlen, sich bei der Kündigung eines Mietverhältnisses und der Sammlung der notwendigen Beweise für das bevorstehende Ausweisungsverfahren zwecks Vermeidung von Fehlern vorgängig durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beraten zu lassen.

Artikel speichern

pdf (440 KB)

Artikel teilen

Share