Mitarbeiterbeteiligung
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Handels- und Gesellschaftsrecht

Mitarbeiterbeteiligung

Grundlage jeder Beteiligung ist Vertrauen. Vertrauen muss geschaffen und bewahrt werden. Zweck von Mitarbeiterbeteiligungen ist es unter anderem, die Mitarbeitenden zu motivieren und (leistungsabhängig) zu belohnen, ihre Identifizierung mit dem Unternehmen und das unternehmerische Denken und Handeln zu fördern und damit den Unternehmenswert zu steigern.

Bereits im Mittelalter beteiligten führende Handelsgesellschaften Mitarbeitende als Teilhaber. Dieses Vorgehen ermöglichte es den Handelsgesellschaften, ihre Geschäftstätigkeit rasch auszudehnen und die Loyalität ihrer Mitarbeitenden abzusichern. Besonders erfolgreich waren dabei die Florentiner Bankiers und Kaufleute, allen voran Cosimo (il Vecchio) de’Medici (1389­ –1464), welcher in seinen Gesellschaften nicht nur ein für damalige Verhältnisse modernes Rechnungswesen, ein systematisches Controlling und eine Corporate Governance einführte, sondern seine Mitarbeitenden zu Teilhabern machte und ihre Rechte und Pflichten umfassend vertraglich regelte. Nur so war es möglich, dass sich die konzernähnlich organisierten Bank- und Handelsgesellschaften der de’Medici innert einer Generation über ganz Europa ausbreiten konnten.

Die heutzutage gängigsten Mitarbeiterbeteiligungsmodelle für Aktiengesellschaften sind Mitarbeiteraktien, Mitarbeiteroptionen und synthetische Beteiligungen. Es empfiehlt sich, die Modalitäten der Mitarbeiterbeteiligung – unter Berücksichtigung der Interessen der direkt Betroffenen sowie der weiteren, tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten – umfassend zu regeln. Die Modelle lassen sich mit Modifikationen auch auf andere Gesellschaftsformen anwenden.

Mitarbeiteraktien

Mitarbeiteraktien werden entweder gratis oder zu Vorzugskonditionen, frei oder gebunden abgegeben. Während bei den freien Mitarbeiteraktien die Mitarbeitenden über die Aktien verfügen können, ist ihnen dies bei den gebundenen Aktien nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Mit diesen Modellen erhalten die Mitarbeitenden eine unmittelbare und direkte Beteiligung an der Gesellschaft und partizipieren an der Wertentwicklung des Unternehmens.

Mitarbeiteraktienplan (Share Award Plan)

Die Mitarbeitenden erhalten nach einer bestimmten Dauer gratis eine bestimmte Zahl von Aktien. Die Anzahl Aktien kann abhängig gemacht werden von leistungsorientierten Bedingungen.

Mitarbeiteraktienkaufsplan
(Employee Stock Purchase Plan)

Die Mitarbeitenden können Aktien zu vergünstigten Konditionen erwerben. Häufig wird den Mitarbeitenden die Finanzierung erleichtert, dies mit gewissen Bedingungen (z. B. Sicherheitshinterlegung und Sperrfrist).

Aufgeschobener Aktienbeteiligungsplan
(Deferred Stock Plan)

Die Mitarbeitenden haben zu einem bestimmten Zeitpunkt Anspruch auf die Gratiszuteilung von Aktien. Bis dahin sind sie zwar nicht Eigentümer der Aktien, erhalten jedoch regelmässig Gutschriften, analog der auf die Aktien ausgeschütteten Dividenden.

Mitarbeiteroptionen

Die Mitarbeitenden erhalten das Recht, innerhalb oder nach Ablauf einer Frist, Aktien des Unternehmens zu einem festgesetzten Preis zu erwerben. Dieses Recht wird den Mitarbeitenden entweder gratis oder gegen einen bestimmten Kaufpreis gewährt. Die Mitarbeitenden sind also berechtigt, jedoch nicht verpflichtet, Aktien zu erwerben und sich damit an Unternehmen zu beteiligen.

Stock Options Programm

Bei der Einräumung von Stock Options verpflichtet sich die Gesellschaft, den Mitarbeitenden innerhalb einer bestimmten Periode oder bei Erfüllung vereinbarter Bedingungen, Aktien zu einem bestimmten Preis zu verkaufen. Während die Gesellschaft verpflichtet ist, steht es den Mitarbeitenden frei, ob sie die Optionen ausüben wollen. Die Optionen sind üblicherweise während einer bestimmten Sperrfrist (blocking period) weder übertragbar noch können sie während dieser Zeit ausgeübt werden.

Leverage Stock Options Programm

Die Mitarbeitenden erhalten pro erworbene Aktie Gratisoptionen zugeteilt, die während einer gewissen Periode zum Bezug von Aktien zu einem bestimmten Ausübungspreis berechtigen.

Tandem Optionen

Die Mitarbeitenden können bei diesen Optionen zwischen dem Erwerb von Aktien oder der Barzahlung in der Höhe des Differenzbetrages zwischen Aktienwert und Ausübungspreis wählen. Dieses Modell eignet sich insbesondere für nicht kotierte Gesellschaften, da die Veräusserung von Aktien derselben aufgrund der Illiquidität des Marktes erschwert sein kann.

Synthetische Beteiligungen

Bei diesen Modellen partizipieren die Mitarbeitenden an fiktiven Kursentwicklungen und fiktiven Dividenden, indem ihnen entsprechend den vereinbarten Bedingungen ein Barbetrag ausbezahlt wird. Damit wird eine Verschiebung der Kapital- und Aktionärsstruktur vermieden.

Phantom Stocks – virtuelle Aktien

Es werden real existierende Aktien als Bemessungsbasis verwendet. Die Zuteilung virtueller Aktien erfolgt mit einer Kapitalzahlung der Mitarbeitenden. Am Ende der Laufzeit wird der Gegenwert der virtuellen Aktien an die Mitarbeitenden ausbezahlt. Anstelle von physischen Aktien erhalten die Mitarbeitenden lediglich das Recht auf eine Barabfindung. Werden während der Laufzeit Dividenden ausgeschüttet, erhalten die Mitarbeitenden eine dementsprechende Auszahlung.

Stock Appreciation Rights – virtuelle Optionen

Dieses Modell basiert auf dem Prinzip der Mitarbeiteroptionen. Die Mitarbeitenden erhalten anstelle von Aktien jedoch eine Barzahlung.

Grundsätzlich gilt: Je komplexer das Mitarbeiterbeteiligungsmodell, desto höher der Verwaltungsaufwand und die Risiken. Bei nicht kotierten Gesellschaften ist darauf zu achten, dass die Modalitäten einer allfälligen Preisfestlegung klar definiert werden.

Wird eine Mitarbeiterbeteiligung in Betracht gezogen, sind die Folgen für die Gesellschaft und die Mitarbeitenden, insbesondere in steuer-, sozialabgabe- und arbeitsrechtlicher sowie finanzbuchhalterischer Hinsicht umfassend abzuklären. Wie jede Beteiligung bedarf eine Mitarbeiterbeteiligung einer klaren Strategie und vertraglichen Regelung.

Die Geschichte wiederholt sich

Die wirtschaftliche Blüte der de’Medici endete mit dem für sein Mäzenatentum bekannten Lorenzo (il Magnifico) de’Medici (1449 –1492). Misswirtschaft, Intrigen und Raffgier führten zu einem raschen Zusammenbruch des Bank- und Handelshauses

der de’Medici und anderer Häuser, wobei dieser durch eine europaweite Finanzkrise, ausgelöst durch die Zahlungsunfähigkeit zahlreicher, horrend verschuldeter Adelshäuser, beschleunigt wurde.

Heute rufen, unter dem Eindruck der durch das Subprime-Debakel verursachten Finanzkrise, Führer von Weltkonzernen zu mehr Bescheidenheit und Ehrlichkeit auf, um so das Vertrauen von Investoren, Geschäftspartnern und Mitarbeitenden (wieder) zu gewinnen.

Quellen

  • Die Florentiner Bankiers und Kaufleute, Wirtschaftspolitische Publikationen von PD Dr. Kurt Weissen, www.kweissen.ch
  • Diverse Publikationen zum Thema «Mitarbeiterbeteiligung»

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