Der Winter kommt!
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Strafrecht

Der Winter kommt!

Alle Jahre wieder... Dennoch muss man sich als Autofahrer immer wieder auf die Wintersaison einstellen. Dabei lohnt sich auch ein Blick auf ein paar verkehrsrechtliche Fragen, um auch bei Schnee und Eis sicher und bussenfrei ans Ziel zu kommen.

Winterreifen

In der Schweiz besteht keine gesetzliche Winterreifenpflicht für die Wintermonate. Indirekt kann sich jedoch eine Winterreifenpflicht aus den allgemeinen Normen in Art. 29 SVG (Betriebssicherheit des Fahrzeugs) und Art. 31 SVG (Beherrschen des Fahrzeugs) ergeben. Das Bundesgericht bestrafte bspw. einen Fahrzeuglenker nach den vorgenannten Normen, welcher eine schneebedeckte Strasse mit Sommerreifen befuhr und in der Folge mit anderen Fahrzeugen kollidierte.[1]

Haftpflicht- und Kaskoversicherungen behalten sich in ihren Versicherungsbedingungen zudem regelmässig Leistungskürzungen bei ungenügender Bereifung der Fahrzeuge vor.

Will man sein Fahrzeug auch auf schnee- und eisbedeckten Fahrbahnen bewegen, ist die rechtzeitige Umrüstung auf Winterreifen daher ratsam. Winterreifen müssen eine Profiltiefe von mindestens 1.6 mm aufweisen (Art. 58 Abs. 4 VTS). Eine Profiltiefe von 4 mm wird aber empfohlen.

Schneeketten

Es gibt kein generelles Obligatorium, Schneeketten mitzuführen. Ähnlich wie bei den Winterreifen kann die Montage von Schneeketten aber bei entsprechenden Strassenverhältnissen geboten sein, um die Betriebssicherheit des Fahrzeugs zu garantieren.

Ein Schneekettenobligatorium kann signalisiert sein (Art. 29 Abs. 1 SSV). Ein Verstoss gegen dieses Signal wird mit einer Busse von CHF 100.00 geahndet (Ziff. 304.19 OBV Anhang 1).

Freie Sicht

Wer das Auto unter freiem Himmel parkiert, trifft nicht selten schnee- und eisbedeckte oder beschlagene Fahrzeugscheiben an. Auch hier greift die Rechtsprechung auf Art. 29 SVG (Betriebssicherheit des Fahrzeugs) zurück. Zudem sieht Art. 57 Abs. 2 VRV vor, dass die Scheiben sauber gehalten werden müssen.

Das Freikratzen eines kleinen Gucklochs genügt diesen Vorgaben nicht. Das Bundesgericht qualifizierte ein solches Verhalten als grobe Verkehrsregelverletzung, was in der Regel mit einer Geldstrafe und einem Ausweisentzug von mindestens drei Monaten geahndet wird (Art. 90 Ziff. 1 SVG, Art. 16c Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit. a SVG).[2]

Grundsätzlich sind die Frontscheibe und die beiden vorderen Seitenscheiben gänzlich von Schnee und Eis zu befreien. Auf die beiden hinteren Seitenscheiben und die Heckscheibe darf verzichtet werden, wenn zwei Aussenspiegel die Sicht nach hinten garantieren.

Motor laufen lassen

Bei eisigen Temperaturen hat man gerne ein vorgewärmtes Fahrzeug. Das Laufenlassen des Motors ist aus rechtlicher Sicht aber nicht unbedenklich. Nach dem Bussenkatalog wird das unnötige Vorwärmen des Motors eines stillstehenden Fahrzeugs mit einer Busse von CHF 60.00 geahndet (Ziff. 326, OBV Anhang 1).

Winterdienst

Grundsätzlich hat der Fahrzeugführer seine Fahrweise den Strassenverhältnissen anzupassen und nicht umgekehrt.

Ungeachtet dessen ist der Strasseneigentümer (Kanton oder Gemeinde) aber für den Unterhalt der öffentlichen Strassen und damit auch für den Winterdienst verantwortlich (vgl. für den Kanton Bern, Art. 41 ff. des kantonalen Strassengesetzes). Bei ungenügender Schnee- und Eisräumung kann der Strasseneigentümer gestützt auf Art. 58 OR (Werkeigentümerhaftung) haftbar gemacht werden. Für das Mass der Verantwortung sind nicht zuletzt die einschlägigen, technischen Normen, die Benutzungsfrequenz und Bedeutung des Strassenlaufs sowie die Wirtschaftlichkeit des Winterdienstes massgebend. Es können nicht immer und überall einwandfreie Strassenverhältnisse erwartet werden.

Dieser Artikel wurde erstmals im Clubmagazin des ACS Sektion Bern Ausgabe 04/2017 veröffentlicht.


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