Erbteilungsklage
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Privatrecht

Erbteilungsklage

Im August 2009 verstarb der verwitwete Willi N. an seinem Wohnort in Bern. Als einzige Erben hinterliess er seine beiden Söhne M. und C. sowie die Tochter B. aus erster Ehe. Mangels Teilungsvorschriften in einem Testament resp. Erbvertrag konnten sich die drei Erben bis heute nicht über die Teilung des Nachlasses von Willi N. einigen. Insbesondere C. wünscht nun endlich den Abschluss der Erbteilung.

Der folgende Artikel befasst sich mit dem Wesen der Erbteilungsklage und enthält Hinweise, wie eine solche Klage einzureichen ist.

Definitionen

Die nächsten Erben eines Erblassers sind seine Nachkommen. Dabei erben die Kinder grundsätzlich zu gleichen Teilen.

Mittels Erbgang geht die Erbschaft auf die Erben über.

Der Nachlass ist die Gesamtheit des aktiven und passiven Vermögens eines Verstorbenen.

Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen infolge des Erbgangs eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten (Erbengemeinschaft). Dabei werden die Erben zu Gesamteigentümern der Erbschaftsgegenstände und verfügen gemeinsam über die Rechte der Erbschaft. Gleichzeitig haften sie solidarisch für die Schulden des Erblassers.

Sind an einem Erbgang – wie vorliegend – mehrere Erben beteiligt, so erhalten diese vorab ein kollektives Recht am Nachlass des Erblassers (Erbengemeinschaft bestehend aus M., C. und B.). Das heisst, der einzelne Erbe hat kein selbständiges Verfügungsrecht an den Erbschaftsgegenständen (z.B. Fahrzeugen, Wertschriften etc.), sondern lediglich einen jederzeitigen Anspruch auf Zuweisung von Nachlasswerten in natura; mithin einen Anspruch auf Teilung. Dieser Teilungsanspruch ist grundsätzlich auf den Erbteil des betreffenden Erben beschränkt. Das heisst, C. kann in erster Linie die Abgeltung seines Erbteils (vorliegend ein Drittel des Nachlasses) durch Zuweisung einzelner Erbschaftsgegenstände verlangen.

Wenn keine anderen Vorschriften (Testament oder Erbvertrag) bestehen, haben die Erben bei der Teilung alle den gleichen Anspruch auf die Gegenstände der Erbschaft. Das Gesetz spricht sich damit für die sogenannte Naturalteilung aus. Das heisst, die Erben müssen sich nicht mit einer wertmässigen Befriedigung ihrer Erbansprüche zufriedengeben, sondern haben Anspruch auf die Erbschaftsgegenstände. Diese sind also nach Möglichkeit ausgeglichen auf die Erben zu verteilen.

Probleme entstehen, wenn grosse Erbschaftssachen (z.B. Liegenschaften) nicht geteilt werden können, sie im Wert aber den Anspruch eines einzelnen Erben übersteigen (Anspruch C. CHF 500 000.–, Wert der Liegenschaft CHF 1 Mio.). Im Extremfall kommt es bei solchen Konstellationen zum Verkauf oder zur Versteigerung der Erbschaftsgegenstände an Dritte und zur wertmässigen Befriedigung der Erben aus dem Verkaufs- oder Steigerungserlös.

Zu beachten ist, dass die einvernehmliche Teilung der Aktiven die Teilung resp. die Erledigung der Passiven nicht voraussetzt. Es kann also geteilt werden, ohne dass über die Erbschafts- oder Erbgangsschulden etwas geregelt wird. Folgerichtig bleibt die Erbteilung grundsätzlich ohne Einfluss auf die Verbindlichkeiten und die Solidarhaftung aller Erben besteht weiterhin. Es ist daher zu empfehlen, alle Verbindlichkeiten aus dem Nachlass vor der Teilung zu tilgen resp. dem jeweiligen Erben zuzuweisen (bei Übernahme der Liegenschaft durch C. wird diesem auch die darauf lastende Hypothek zugewiesen).

Kommt keine Einigung zwischen den Parteien zustande, tritt das Erbteilungsurteil an Stelle der Vereinbarung zwischen den Erben. Mittels Urteil wird das Gesamteigentum an den Erbschaftsgegenständen ins Alleineigentum der Erben überführt (C. erhält die Liegenschaft, M. die Wertschriften und B. die Fahrzeuge), gleichzeitig wird die solidarische Haftung der Erben gegenüber Dritten durch Zuweisung der Erbschaftspassiven aufgehoben. Erstinstanzlich werden die Prozesskosten in der Regel gleichmässig auf alle Erben verteilt.

Checkliste Erbteilungsklage 

  • Gerichtsstand: letzter Wohnsitz des Erblassers (vorliegend Bern)
  • Aktivlegitimation: jeder Erbe einzeln (z.B. C.)
  • Passivlegitimation: Alle nicht auf der Klägerseite mitwirkenden Erben als notwendige Streitgenossenschaft (M. und B.). Erklären einzelne Erben (z.B. B.) gegenüber dem Gericht von vornherein, sie würden das Urteil – wie auch immer es ausfalle – anerkennen, oder sie seien mit den klägerischen Begehren einverstanden, so genügt es gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung, die übrigen Miterben (M.) zu belangen.
  • Befristung: keine
  • Streitwert: Grundsätzlich der Wert des eingeklagten Erbteils (CHF 500 000.–). Ist der Teilungsanspruch als solcher streitig, definiert der gesamte Wert des zu teilenden Vermögens den Streitwert (CHF 1.5 Mio.).

Die verbindliche Lösung des Teilungsstreits bleibt – wie vorstehend ausgeführt – den Zivilgerichten vorbehalten, wobei die Teilungsklage verschiedenste Inhalte aufweisen kann. Es kann sowohl die Anordnung der Teilung wie auch die Zuweisung von Objekten verlangt werden. Aber auch Fragen wie beispielsweise die Feststellung des Nachlasses, der Erbquoten, der Bewertung etc. können dem Richter zur Beurteilung vorgelegt werden.

Mögliche Rechtsbegehren lauten beispielsweise:

Es sei der Nachlass des am 2. August 2009 verstorbenen Willi N. festzustellen und zu teilen.

oder

  1. Es sei der Nachlass des am 2. August 2009 verstorbenen Willi N. festzustellen, d.h. es sei festzustellen, dass der Nachlass die in der Klagebeilage 1 (Inventar vom 18. August 2009) aufgeführten Aktiven und Passiven umfasst.
  2. Es sei festzustellen, dass der Kläger bei diesem Nachlass zu einem Drittel berechtigt ist.
  3. Dem Kläger seien folgende zum Nachlass gehörende Aktiven und Passiven in Abgeltung seines Erbteils zuzuweisen: (Liste).

Trotz der oft widrigen Umstände werden Erbteilungsprozesse sehr häufig nicht mit einem Urteil, sondern durch einen gerichtlich genehmigten Vergleich abgeschlossen, da Erbteilungsprozesse meist langwierig, emotionsgeladen und kostenintensiv sind.

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