Familienwohnung und einfache Gesellschaft: Ist ein...
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Privatrecht

Familienwohnung und einfache Gesellschaft: Ist eine detaillierte vertragliche Regelung notwendig?

Die Eheleute Markus (Informatiker) und Monika (Hausfrau und Teilzeitsekretärin) leben in einer Eigentumswohnung, die sie grösstenteils mit einer Bankhypothek finanzieren. Zum kleineren Teil haben sie folgende Eigenmittel investiert: Vor allem während der Ehe aus dem Arbeitserwerb von Markus Gespartes, aber auch Ersparnisse, die Markus und Monika je getrennt in die Ehe eingebracht haben. Für den Kauf der Wohnung sind sie eine einfache Gesellschaft eingegangen. Alles ging gut, solange die Ehe glücklich war. Doch die Zeiten haben sich geändert: Die Scheidung steht ins Haus und die Wohnung muss verkauft werden. Nach welchen Regeln sind die Vermögensanteile den beiden Ehegatten zuzuweisen?

Markus und Monika wähnen sich auf der sicheren Seite, denn als sie die Wohnung erworben haben, wurde in den Kaufvertrag folgende Klausel aufgenommen: «Die Käufer erwerben das Vertragsobjekt im Rahmen einer einfachen Gesellschaft, als Gesamteigentümer mit gleich hohem Anspruch auf das Liquidationsergebnis».[1]

Im Folgenden wird skizziert, wie die Vermögensanteile an der Wohnung gemäss dieser Klausel den beiden Gatten zuzuweisen sind. Als Alternative dazu wird anschliessend die Möglichkeit einer detaillierten vertraglichen Regelung angesprochen. Dabei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass im Fall der Veräusserung eines selbst genutzten Wohnobjekts im heutigen Marktumfeld mitunter Verluste hinzunehmen sind.

Zuweisung der Vermögensanteile gemäss Klausel im Kaufvertrag

Haben die Ehegatten die Familienwohnung als einfache Gesellschaft erworben, so ist die Frage, wem bei der Scheidung wie viel zukommt, in zwei Schritten zu beantworten: Zunächst ist die einfache Gesellschaft zu liquidieren. Sodann sind in einem zweiten Schritt die Eheleute güterrechtlich auseinander zu setzen.

Im ersten Schritt wird die einfache Gesellschaft liquidiert. Haben die Gatten vertragliche Regeln getroffen, welche die Liquidation der einfachen Gesellschaft betreffen, gehen diese den gesetzlichen Vorschriften[2] vor. Das heisst für Markus und Monika: Ihre einfache Gesellschaft wird nach der eingangs erwähnten Klausel im Kaufvertrag liquidiert. Da beide am Liquidationsergebnis zu gleichen Teilen beteiligt sind, trägt auch bei Wertverlust der Wohnung jeder die Hälfte.

Im zweiten Schritt sind die Eheleute nach den Regeln des Familienrechts[3] güterrechtlich auseinander zu setzen. Mit Blick auf die Wohnung ist dabei entscheidend, woher die Eigenmittel stammen: Im Fall eines Wertverlustes kann derjenige Ehegatte, der die Wohnung vor allem mit Ersparnissen aus seinem Arbeitserwerb während der Ehe finanziert hat, einen Teil seines Verlustes auf den anderen Gatten überwälzen.

Für Markus und Monika ergibt sich Folgendes: Erstens tragen beide, wie gezeigt, aufgrund der Klausel im Kaufvertrag die Hälfte des Verlustes aus der Liquidation der einfachen Gesellschaft. Darüber hinaus wird Markus, zweitens, in Anwendung familienrechtlicher Vorschriften einen Teil seines Verlustes Monika in Rechnung stellen können. Das Zusammenspiel von Vertrags- und Familienrecht bewirkt im Ergebnis, dass Monika mehr als die Hälfte des Verlustes übernehmen muss. Dies ungeachtet der Tatsache, dass sie wesentlich geringere Mittel in die Wohnung investiert hat.

Detaillierte vertragliche Regelung als Alternative

Erwerben Eheleute ihre Wohnung als einfache Gesellschaft und regeln sie die Gesellschaft im Kaufvertrag mit einer Bestimmung, die nicht oder wenig über die eingangs vorgestellte Klausel hinausgeht, so kann dies, wie gezeigt, zu problematischen Ergebnissen führen.

Können die Gatten die Gefahr derartiger Ergebnisse mindern? Ja. Die Eheleute können eine vertragliche Regelung treffen, die das geschilderte Zusammenspiel von Vertrags- und Familienrecht durchbricht und ihren konkreten Verhältnissen Rechnung trägt: Zum Beispiel der Tatsache, dass die Gatten unterschiedliche Summen, die sie zumindest teilweise in die Ehe mitgebracht haben, in die Wohnung investiert haben. In einem solchen Fall dokumentiert die entsprechende vertragliche Regelung die unterschiedlichen ursprünglichen[4] und nachträglichen[5] Investitionen der Gatten und definiert die Gewinn- und Verlusttragung bei der Liquidation der einfachen Gesellschaft.

Ist eine solche Regelung auch nachträglich möglich? Ja. Die Gatten können eine vertragliche Regelung jederzeit treffen, selbst Jahre nach dem Kauf der Wohnung.

Eine solche Regelung beschlägt sowohl die einfache Gesellschaft, die Familienwohnung wie auch das Familien und insbesondere das Güterrecht. Die Frage, ob eine derart detaillierte Regelung sinnvoll oder gar notwendig ist, beantwortet sich aufgrund der konkreten Interessen der beiden Ehegatten. Diese Interessen können im Einzelfall durchaus unterschiedlich oder gar gegensätzlich sein, wie das eingangs erwähnte Beispiel zeigt. Deshalb ist eine ausgewogene, faire Lösung zu finden, die nicht nur während der Dauer der Ehe Bestand hat, sondern auch darüber hinaus.[6]

Fussnoten

  1. Die zusätzliche Vereinbarung betreffend den Todesfall (Anwachsung des Gesamteigentums zu Alleineigentum des Überlebenden) findet in der Scheidung keine Anwendung.

  2. Art. 530 ff. OR

  3. Art. 90 ff. ZGB, insbes.: Art. 111 ff. (Ehescheidung) und 181 ff. ZGB (Güterrecht)

  4. Eigenkapital beim Kauf der Wohnung

  5. Amortisationen

  6. Nebst der Scheidung ist insbesondere an den Todesfall zu denken.

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