Frischer Wind im Mietrecht?
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Privatrecht

Frischer Wind im Mietrecht?

Nachdem im Mietrecht seit Längerem eine Art «Flaute» herrschte, kommt nun Bewegung in das Mietwesen.

Am 25. September 2007 hat der Bundesrat eine Änderung der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen[1] in die Vernehmlassung bei den Verbänden, Organisationen und Parteien geschickt, welche folgende Themenkreise umfasst:

1. Es soll ein neuer Art. 4bis unter dem Titel «Akontozahlungen für Nebenkosten» eingeführt werden, wonach Akontobeträge mindestens den tatsächlichen Nebenkosten gemäss der letzten Abrechnung entsprechen müssen, andernfalls der Vermieter später keine Nachforderungen stellen kann. Neu abzuschliessende Mietverträge müssen deshalb auf die Höhe der Akontobeträge überprüft werden. Hintergrund dieser Änderung sind die in den vergangenen Jahren teilweise sehr hohen Nachzahlungen insbesondere für Heizung und Warmwasseraufbereitung aufgrund der stark gestiegenen Ölpreise. Solche Nachzahlungen nach relativ tiefen Akontobeträgen haben das Bundesgericht mehrfach beschäftigt, da unzählige Mieter – und vor allem auch der Mieterverband – geltend machten, diese widersprächen dem Vertrauensprinzip im Mietrecht und seien deshalb unzulässig. Diesen Problemen will die Verordnungsänderung nun Rechnung tragen.

2. Die Regeln für Mietzinserhöhungen infolge gestiegener Hypothekarzinsen werden ebenfalls geändert: Währenddem heute für eine Mietzinserhöhung der Hypothekarzinssatz der im Kanton vorherrschenden Hypothekarbank, sprich: Kantonalbank, massgebend ist, soll zukünftig ein gesamtschweizerischer Referenzzinssatz für inländische Hypothekarforderungen massgebend sein, welcher durch das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement vierteljährlich erhoben wird. Das Departement wird in Art. 12 der geänderten Verordnung ermächtigt, Bestimmungen über die Definition, die Erhebung und die Veröffentlichung des Referenzzinssatzes zu erlassen.

Die Erhebung der Daten braucht eine gewisse Vorbereitungszeit und das EVD geht von einer erstmaligen Veröffentlichung des Referenzzinssatzes per 31. August 2008 aus.

Es wird also zukünftig ein gesamtschweizerischer Referenzzinssatz gelten und kantonale Unterschiede werden ausgeglichen bzw. aufgehoben. Insbesondere im Kanton Bern wird dies sicherlich zu einer Klärung beitragen, denn die Bernische Kantonalbank veröffentlicht seit dem Jahr 2000 bekanntlich nur noch ein sogenanntes Zinsband, welches die Spannweite der durchschnittlichen Hypothekarzinssätze aller Kunden der BEKB wiederspiegelt.

3. Im Zuge der Klimadiskussion sah sich der Bundesrat auch veranlasst, zukünftig energetische Verbesserungen – wie Massnahmen zur Verminderung des Energieverlustes der Gebäudehülle, Massnahmen zur rationelleren Energienutzung und zur Verminderung der Immissionen bei haustechnischen Anlagen, den Einsatz erneuerbarer Energien und nicht zuletzt den Ersatz von Haushaltsgeräten mit grossem Energieverbrauch – als Mehrleistungen des Vermieters, welche zu einer Mietzinserhöhung berechtigen, zuzulassen. Die Kosten dieser Investitionen können hingegen nur insoweit als Mehrleistungen geltend gemacht werden, als sie über die Kosten zur Wiederherstellung oder Erhaltung des ursprünglichen Zustandes hinausgehen (VMWG Art. 14 Abs. 3).

Also auch rein energietechnisch motivierte Verbesserungen sollen zukünftig zu einer Mietzinserhöhung berechtigen. Diese Vorschrift ist in sich logisch und richtig, profitiert doch der Mieter über die damit gesunkenen Nebenkosten direkt von den energietechnischen Verbesserungen.

4. Eine letzte Änderung der Verordnung betrifft die indexierten Mietverträge: Mietzinserhöhungen sollen neu nach Art. 17 Abs. 3 der Verordnung gestützt auf den Landesindex der Konsumentenpreise jederzeit unter Einhaltung einer Frist von mindestens 30 Tagen auf ein Monatsende angekündigt werden können. Abs. 4 enthält nur die bisher in der Praxis bereits geltende Präzisierung, dass ein Mietvertrag dann als auf fünf Jahre fest abgeschlossen gilt (und damit als indexierter Vertrag abgefasst werden kann), wenn lediglich der Vermieter an die fünfjährige Mietdauer gebunden ist. Dem Mieter können innerhalb dieser Dauer Kündigungsmöglichkeiten zustehen.

Wichtig sind auch die Übergangsbestimmungen:

Bis zur erstmaligen Veröffentlichung des hypothekarischen Referenzzinssatzes durch das EVD gilt für Mietzinsanpassungen aufgrund des Hypothekarzinssatzes das bisherige Recht.

Bei einem Mietverhältnis, das vor der erstmaligen Veröffentlichung des Referenzzinssatzes begonnen hat, soll der Vermieter den Mietzins nur erhöhen können, wenn er gleichzeitig den bisherigen Mietzins an den zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung geltenden Hypothekarzinssatz nach bisherigem Recht angepasst hat, sofern der bisherige Mietzins auf einem höheren Hypothekarzinssatz basiert.

Die BEKB hat bekanntlich das Zinsband in zwei Schritten bereits erhöht, womit sich ein mietzinsrelevanter Hypothekarzinssatz wie folgt ergibt:

Per 1. 6. 2007 3%;
Per 1. 11. 2007 3,25% (Mitteilung vom 16. Oktober 2007).

Aufgrund der umseitig genannten Übergangsbestimmung tun gewiefte Vermieter und Verwaltungen gut daran, ihre Mietverhältnisse auf den nächstmöglichen Zeitpunkt an die neuen Verhältnisse anzupassen. Die BEKB hat nach Meinung des Hauseigentümerverbandes[2] das Zinsniveau allfällig genau wegen dieser Verordnungsänderung auf den gesamtschweizerischen Durchschnitt von 3,25% angepasst (Zinsband 3–4%).

Der grösste Teil der Mieterschaft im Kanton Bern wird darum in den nächsten Wochen und Monaten eine Mietzinserhöhung aufgrund des gestiegenen Hypothekarzinssatzes und der eingetretenen Teuerung erhalten. Dabei wird – wie diesen Sommer – die Kontroverse zwischen Mieterverband und Hauseigentümerverband nochmals aufflammen, ob ein Pauschalsatz für die allgemeine Kostensteigerung zulässig ist und wenn ja, in welcher Höhe. Der Autor geht zusammen mit der langjährigen Praxis der meisten Mietämter im Kanton Bern von einer allgemeinen Kostensteigerung von 0,5% pro Jahr aus, womit dem vom Bundesamt für Wohnungswesen dem gesamten Mietrecht zugrunde gelegten Rechnungsmodell gefolgt wird. Dieser Pauschalsatz gilt hingegen erst ab dem Jahr 2000, weil ab diesem Zeitpunkt die jährliche Teuerung sehr gering ausgefallen ist (vorher galt ein Pauschalsatz von 1% p.a.).

Die letzten Mietzinserhöhungen aufgrund von Hypothekarzinssteigerungen im Kanton Bern stammen aus den Jahren 2000/2001, als die BEKB den Hypothekarzinssatz letztmals erhöht hatte (damals auf 4,5%). Die nun zu erwartenden Mietzinserhöhungen werden zu diskutieren geben und sicherlich auch die Mietämter und Gerichte beschäftigen.

Wie man vor Kurzem der Presse[3] entnehmen konnte, soll die soeben vorgestellte Verordnungsänderung offenbar nur eine Zwischenphase abdecken: Frau Bundesrätin Doris Leuthard hat unter den Vermietern und den Mietern einen Kompromiss dergestalt erreicht, dass die Mieten endgültig vom Hypothekarzins abgekoppelt werden sollen. Künftig sollen die Mieten zu 100% der Teuerung[4] folgen, wobei die Anfangsmietzinsanfechtung weiterhin möglich sein soll. Bei Erhöhungen des Hypothekarzinses würden die Mietzinse nur insoweit steigen, als sich die Satzerhöhungen auf den Landesindex der Konsumentenpreise auswirken. Bei Senkungen gilt dann dasselbe: die Mietzinse werden nicht mehr gesenkt, es sei denn, es gäbe eine negative Teuerung, was in der Vergangenheit noch nie vorgekommen ist. Der Kompromiss wird durch die Kommentatoren als fragil bezeichnet, womit angedeutet wird, was noch folgen wird: Die Änderung muss im Gesetz (OR) vorgenommen werden und muss deshalb von National- und Ständerat noch diskutiert und beschlossen werden. Die politische Ausmarchung steht demnach noch bevor und es können noch wesentliche Änderungen eingebracht werden. Die Indexmiete kann also frühestens 2010 in Kraft treten. Bis dahin soll die oben beschriebene, kleine Änderung in Kraft bleiben.

Fussnoten

  1. VMWG, SR 221.213.11

  2. Quelle: Hans Bättig, Generalsekretär HEV Bern, an der Mietamtstagung vom 17. Oktober 2007

  3. Bspw. Tagesanzeiger vom 14. November 2007

  4. Landesindex der Konsumentenpreise LIK

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