Geplante Änderungen im Stockwerkeigentumsrecht
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Öffentliches Recht

Geplante Änderungen im Stockwerkeigentumsrecht

Gestützt auf eine Motion von Ständerat Caroni (FDP) schlägt der Bundesrat im Auftrag des Parlamentes die Modernisierung  einzelner Aspekte des seit 1965 geltenden Stockwerkeigentumsrechts vor. Das Vernehmlassungsverfahren zu Änderungen des Zivilgesetzbuches (ZGB) ist abgeschlossen, es wird die Behandlung dieses Vorentwurfs im Parlament folgen.  

Was soll sich ändern?

Vorab soll die Änderung von Ausdrücken erfolgen, die nach heutigem unsäglichen Verständnis ein Gesetz angeblich geschlechtergerecht machen sollen und dabei regelmässig lediglich zu Unlesbarkeit der Gesetzesbestimmungen führen. So werden neu über den ganzen Gesetzestext hinweg z.B. aus dem «Stockwerkeigentümer» neu «Stockwerkeigentümer und Stockwerkeigentümerin», aus dem «Miteigentümer» neu «Miteigentümer und Miteigentümerin» und aus dem «Verwalter» neu «Verwalter und Verwalterin». O tempora, o mores. Daneben soll es durchaus auch noch materielle Änderungen geben.

Es sollen klare Regeln bezüglich Sondernutzungsrechten an gemeinschaftlichen Bauteilen geschaffen werden. Für nicht zu Sonderrecht ausgeschiedene Gebäudeteile soll neu die Vermutung gelten, dass sie gemeinschaftlich und nicht wie aktuell zu Sonderrecht ausgeschieden sind. Ausschliessliche Nutzungsrechte an gemeinschaftlichen Teilen sollen neu gesetzlich geregelt werden (Art. 712bis ZGB).

Der gesetzlich neu geregelte Aufteilungsplan (Art. 712ebis ZGB) erlangt neue Bedeutung. Dieser soll bei der Begründung von Stockwerkeigentum nunmehr obligatorisch sein, und Änderungen sollen aktualisiert werden müssen, um so eine genaue und aktuelle Abgrenzung der Teile im Sonderrecht und der gemeinschaftlichen Teile zu gewährleisten. So sollen Konflikte zwischen den Miteigentümern verhindert werden, indem die Rechte jedes Einzelnen bereits bei der Begründung von Stockwerkeigentum geklärt werden.

Mit der Revision soll auch der Schutz der Käufer, insbesondere von sich im Bau befindlichen Gebäuden (Kauf ab Plan), verbessert werden. So soll bei der Grundbuchanmeldung des Kaufvertrages eine rechtskräftige Baubewilligung ­ beigelegt werden. Bei Fertigstellung des Gebäudes sollen die Stockwerkeigentümer die Ausführung der Bauarbeiten in Übereinstimmung mit dem ursprünglichen Aufteilungsplan feststellen oder einen berichtigten Aufteilungsplan erstellen. Bei Nichterfüllung dieser gesetzlichen Pflichten durch die Stockwerkeigentümer soll das Grundbuchamt nötigenfalls mithilfe der für die amtliche Vermessung zuständigen Stelle auf Kosten der Stockwerkeigentümer die Prüfung und allfällige Berichtigung des Aufteilungsplans veranlassen können (Art. 712eter bis 712equinquies ZGB).

Neu soll die Mehrheit der Stockwerkeigentümer beschliessen können, mit dem Baurechtsgeber die Verlängerung eines Baurechts zu vereinbaren. Für diejenigen Stockwerkeigentümer, die an der Verlängerungsvereinbarung nicht partizipieren, endet das Stockwerkeigentum im Zeitpunkt des Ablaufs der ursprünglichen Dauer des Baurechts. Ihre Anteile sollen mangels anderer Abrede im Verhältnis der Wertquoten ihrer Anteile von Gesetzes wegen auf die übrigen Stockwerkeigentümer übergehen. Die bisherigen Stockwerkeigentümer haben Anspruch auf eine angemessene Entschädigung ihrer Anteile (Art. 712fbis ZGB).

Neu sollen die Stockwerkeigentümer dem Gericht beantragen können, einen – aktuell nicht obligatorischen – Erneuerungsfonds für notwendige Unterhalts- oder Erneuerungsarbeiten zu schaffen oder einen bestehenden unterdotierten Fonds anzupassen. Ordnet das Gericht die Schaffung oder Abänderung eines Erneuerungsfonds an, entscheidet es insbesondere auch über die Höhe der jährlichen Beiträge und die Dauer der Schaffung oder Abänderung. Mit dieser Möglichkeit soll sichergestellt werden, dass notwendige Arbeiten finanziert werden können, wenn dies erforderlich ist (Art. 712hbis ZGB).

Mit der Revision sollen auch die Rechte bei Mängeln an einem gemeinschaftlichen Teil geregelt werden. Für die Ausübung bestimmter Mängelrechte wird die Genehmigung der Stockwerkeigentümerversammlung verlangt. Diese Anforderung soll die Koordination zwischen den Stockwerkeigentümern stärken und Streitigkeiten reduzieren (Art. 712lbis ZGB).

Die Erstellung eines datierten und unterzeichneten Protokolls soll neu Voraussetzung der Rechtsgültigkeit von Beschlüssen der Stockwerkeigentümerversammlung sein (Art. 712n ZGB). 

In Stockwerkeigentümergemeinschaften gibt es immer wieder Streitigkeiten. Mit der Revision soll neu die Möglichkeit vorgesehen werden, einem Stockwerkeigentümer als Sanktion vorübergehend das Stimmrecht zu entziehen, wenn er sich systematisch weigert, den Entscheidungen der Stockwerkeigentümergemeinschaft zuzustimmen oder er wiederholt wesentliche finanzielle Verpflichtungen nicht erfüllt (Art. 712obis ZGB).

Fazit

Summa summarum stellt dieser Vorentwurf der Revision des Stockwerkeigentümerrechts einen nicht unwesentlichen Fortschritt dar, um den aktuellen rechtlichen Bedürfnissen im Stockwerkeigentum gerecht zu werden. Es bleibt abzuwarten, wie diese Gesetzesvorlage die parlamentarischen Beratungen passieren wird. 

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