Juristische Begleitung von Grossprojekten
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Privatrecht

Juristische Begleitung von Grossprojekten

In ihrem Bericht zur Expo.02[1] hält die Eidgenössische Finanzkontrolle fest, dass die strategische und operative Verantwortung der juristischen Belange der Expo auf der Direktionsstufe nur ungenügend wahrgenommen wurde, die Qualität der Leistungen der externen Rechtsanwälte jedoch als gut zu beurteilen ist. Wie können Schwächen in juristischen Belangen vermieden werden?

Grundsätzliches

Grossprojekte zeichnen sich dadurch aus, dass an solchen eine Vielzahl von Beteiligten Leistungen erbringen, was einer entsprechenden Organisation bedarf, damit unter den gegebenen wirtschaftlichen, rechtlichen, technischen, betrieblichen und terminlichen Rahmenbedingungen eine optimale Umsetzung des Projekts gewährleistet ist. Eine gesamtheitliche strategische Planung, welche sich mit sämtlichen möglichen Aspekten (Projektierung, Realisierung, Nutzung, Bewirtschaftung, etc.) befasst, bildet die Basis für eine erfolgreiche Umsetzung des Projekts.

Bereits im Rahmen der strategischen Planung kann eine erfahrene juristische Begleitung wertvolle Unterstützung bei der Beschaffung von Projektgrundlagen, der Zustands-/ Problemanalyse und der Erarbeitung von Lösungsstrategien bieten, frühzeitig auf Projektrisiken hinweisen und geeignete Massnahmen zur Minimierung derselben vorschlagen.

Juristische Begleitung

Die Zeiten, in denen Geschäfte per Handschlag, ohne juristische Begleitung abgeschlossen wurden und allfällige Differenzen später grosszügig einvernehmlich bereinigt wurden, gehören der Vergangenheit an.

Von der juristischen Begleitung wird erwartet, dass sie den Auftraggeber umfassend über Chancen und Risiken der juristischen Gegebenheiten, Möglichkeiten und Folgen aufklärt, damit dieser über das weitere Vorgehen entscheiden kann, sowie, dass sie im Rahmen der Vertragsverhandlungen und -gestaltung für den Auftraggeber in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht ein Optimum herausholt.

Die Aufgaben, der Umfang und die Integration der juristischen Begleitung in die Projektorganisation sind möglichst früh projektspezifisch zu definieren und laufend an die Projektentwicklung anzupassen. Sofern die juristische Begleitung nicht ständig in das Projekt integriert ist – was in der Schweiz heute durchaus noch üblich ist – hat die Projektleitung dafür zu sorgen, dass sie ständig über relevante Gegebenheiten orientiert wird, damit sie gegebenenfalls eingreifen kann.

Da die Umsetzung von Grossprojekten längere Zeit in Anspruch nimmt und allfällige Schlechterfüllungen häufig nicht sofort erkannt werden oder erkannt werden können, hat die juristische Begleitung prophylaktisch sachdienliche Massnahmen vorzuschlagen, damit die Interessen des Auftraggebers bestens gewahrt sind. Dies bedingt jedoch, dass die Projektleitung von Beginn weg die juristische Begleitung in sämtlichen rechtsrelevanten Angelegenheiten mit einbezieht. Nehmen die Entscheidungsträger bzw. die Projektleitung die juristischen Belange nur ungenügend wahr, kann die juristische Begleitung ihre Aufgabe nicht richtig erfüllen.

Es liegt an der Projektleitung, dafür zu sorgen, dass die juristische Begleitung in gegenseitiger Absprache optimal als oder im Sinne einer Stabstelle in die Projektorganisation integriert wird.

Aufgaben

Klassische Aufgaben der juristischen Begleitung sind unter anderem:

  • Mithilfe bei der strategischen Planung
  • Grundlagenbeschaffung, insbesondere Abklärung, welche privat- und öffentlichrechtlichen Normen, Verträge und sonstigen Vorgaben zu erfüllen sind
  • Prüfen, ob das Projekt und die Rechtsvorkehren die Normen, Verträge und übrigen Vorgaben erfüllen
  • Einreichen von Gesuchen und Rechtsvorkehren gegen behördliche Entscheide
  • Prüfen der Projektorganisation/-struktur sowie Umsetzung gesellschafts- und sachenrechtlicher Massnahmen
  • Vertragsgestaltung und -management
  • Begleiten von Submissionen/Vergaben, der Realisierung, von Abnahmen, der Mängelbewirtschaftung etc.
  • Geltendmachung und Abwehr von Rechtsansprüchen, insbesondere aus Gewährleistung

Die juristische Begleitung hat dafür Gewähr zu bieten, dass sie auch alle weiteren juristischen Belange des Projekts abdecken kann (Finanzierung, Sicherheitsleistung, Versicherung, Steueroptimierung etc.).

Die vorstehende unvollständige Aufzählung zeigt, dass die juristische Begleitung über ein breites juristisches Fachwissen verfügen sowie Verständnis für das Projekt und dessen Umsetzung mit sich bringen muss. Wichtig ist zudem, dass sich die juristische Begleitung in die Projektorganisation integrieren kann bzw. teamfähig ist.

Grundlagenbeschaffung

Der Grundlagenbeschaffung ist bei grösseren Projekten besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Damit die juristische Begleitung die Projektgrundlagen beschaffen und beurteilen kann, hat die Projektleitung die übergeordneten Projektziele bzw. das Projekt, soweit es der jeweilige Projektstand zulässt, zu definieren und gegebenenfalls anzupassen. Eine seriöse Prüfung der Grundlagen auf mögliche Risiken hin sowie eine Beurteilung derselben ist unabdingbar. Allzu häufig werden die Grundlagen nur unvollständig aufgearbeitet, dokumentiert und auf juristische und andere Folgen für das Projekt hin analysiert.

Projektanalyse

Anhand der Projektvorgaben und -grundlagen hat die Projektleitung zusammen mit der juristischen Begleitung die Machbarkeit des Projekts sowie die Projektrisiken zu analysieren und die notwendigen Massnahmen zu definieren. Aufgabe der juristischen Begleitung ist es insbesondere, nach rechtlichen Schwachstellen des Projekts zu suchen, die Projektleitung unmissverständlich auf dieselben hinzuweisen und, soweit möglich, Lösungen zur Behebung oder Umgehung derselben vorzuschlagen.

Vertragsgestaltung und -management

Allzu häufig wird die juristische Begleitung erst für die Verhandlung und Ausgestaltung der Hauptverträge beigezogen. Je nach Projekt werden jedoch die rechtlichen Weichen bereits wesentlich früher gestellt, mit sich daraus ergebenden unliebsamen Folgen, insbesondere für die Hauptverträge. Bereits Absichtserklärungen und Vorverträgen ist die gebotene Sorgfalt zu widmen und bei deren Ausgestaltung sind die übergeordneten Projektziele und -vorgaben zu berücksichtigen. Vertragspartner sind möglichst frühzeitig zu prüfen und soweit sachdienlich vertraglich zu binden. Bei Grossprojekten lohnt sich in der Regel die Ausarbeitung von projektspezifischen Dokumenten (Verträgen, Checklisten, Protokollen etc.), selbstverständlich auf der Basis von bewährten Mustervorlagen. Krux der juristischen Begleitung ist es, unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten und Vorgaben ein optimales, nachhaltiges Vertragswerk auszuhandeln und auszuarbeiten, welches einfach umsetzbar und bei Bedarf modifizierbar ist.

Projektspezifisch ist zudem ein Vertragsmanagement aufzubauen, dies als Teil des Risikomanagements bzw. der Qualitätssicherung. Ein systematisches, modulares Vertragsmanagement hilft, dass sämtliche Vertragswerke ein in sich konsistentes und kohärentes System bilden. Damit wird die Basis für ein erfolgreiches Claim Management, insbesondere zwecks Geltendmachung und Abwehr von Rechtsansprüchen, sowie für eine reibungslose und kostengünstige Bewirtschaftung des Projekts, geschaffen.

Kosten

Eine mehr oder weniger intensive, kontinuierliche juristische Begleitung von Grossprojekten ist heute Usanz. Die Kosten hierfür fallen in der Regel im Verhältnis zu den Gesamtkosten des Projekts nicht ins Gewicht, stellen aber bei knapper Kalkulation durchaus einen Kostenfaktor dar, welcher jedoch in Relation zu möglichen negativen Kostenfolgen infolge ungenügender Wahrnehmung der juristischen Belange zu stellen ist.

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