Privatrecht
Seit dem 1. Februar 2010 ist die obligatorische Bedenkzeit von zwei Monaten im Scheidungsverfahren auf gemeinsames Begehren endlich abgeschafft. Zudem liegen Entwürfe für zwei Gesetzesänderungen im Scheidungsrecht vor: Die gemeinsame elterliche Sorge soll zur Regel und der Vorsorgeausgleich soll verbessert werden.
Nachdem das neue Scheidungsrecht seit zehn Jahren in Kraft ist, stehen folgende wesentliche Neuerungen an bzw. sind bereits in Kraft gesetzt:
Bei Inkraftsetzung des neuen Scheidungsrechts waren im Gesetz verschiedene Fristen vorgesehen, deren Zweckmässigkeit stets umstritten war:
Nach geltendem Recht wird die elterliche Sorge im Fall einer Scheidung entweder der Mutter oder dem Vater übertragen. Das Gericht kann die elterliche Sorge aber auch bei beiden belassen, sofern dies mit dem Wohl des Kindes vereinbar ist, ein gemeinsamer Antrag vorliegt und die Eltern dem Gericht eine Vereinbarung über die Betreuung des Kindes und die Verteilung der Unterhaltskosten vorlegen (Art. 133 Abs. 3 ZGB). Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, steht die elterliche Sorge der Mutter zu. Die Eltern können aber wie geschiedene Ehepartner unter den gleichen Bedingungen das gemeinsame Sorgerecht erlangen.
Die gemeinsame elterliche Sorge soll gemäss dem Vorentwurf künftig sowohl für geschiedene als auch für nicht miteinander verheiratete Eltern zur Regel werden. Ferner soll das Strafgesetzbuch ergänzt werden, wonach künftig auch jener Elternteil bestraft wird, welcher die Ausübung des Besuchsrechts behindert. Er soll gleich bestraft werden wie jener Elternteil, der ein Kind nach einem Besuch nicht mehr zurückbringt.
Der Bundesrat hat im Januar 2009 eine entsprechende Revision des Zivilgesetzbuchs in Vernehmlassung geschickt und im Dezember 2009 einen Bericht über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens vorgelegt. Danach ist der Vorschlag des gemeinsamen Sorgerechts von einer klaren Mehrheit begrüsst worden. Keine Mehrheit gewonnen hat der Vorschlag des Bundesrats, wonach im Fall einer Anerkennung des Kindes durch den Vater das Sorgerecht automatisch beiden Elternteilen zustehen soll. Der Vorentwurf wird deshalb in dem Sinne überarbeitet, dass das Sorgerecht bei ledigen Eltern wie bisher vorerst einzig der Mutter zusteht. Zum gemeinsamen Sorgerecht kommt es nur, wenn sich die Mutter mit dem Sorgerecht des Vaters einverstanden erklärt oder wenn das Gericht auf Klage des Vaters hin so entscheidet. Gestützt auf die Vernehmlassungsergebnisse hat der Bundesrat das EJPD beauftragt, eine Botschaft zur entsprechenden Revision des Zivilgesetzbuchs auszuarbeiten.
Bei einer Scheidung stellen Ansprüche gegenüber den Einrichtungen der beruflichen Vorsorge einen wichtigen Vermögenswert dar. Entsprechend wichtig ist die Frage, wie dieser Vermögenswert verteilt wird. Gemäss dem geltenden Scheidungsrecht ist die während der Ehe erworbene Austrittsleistung grundsätzlich hälftig zu teilen (Art. 122 ZGB). Ist die Teilung des Vorsorgeguthabens nicht möglich, hat der berechtigte Ehegatte Anspruch auf eine angemessene Entschädigung (Art. 124 ZGB).
Sinn und Notwendigkeit des Vorsorgeausgleichs sind unbestritten. Kritisiert wird aber, dass das geltende Recht in wichtigen Punkten unklar oder nicht praktikabel ist. Der Bundesrat hat deshalb im Dezember 2009 einen Vorentwurf und Begleitbericht in die Vernehmlassung geschickt.
Als wesentliche Neuerung schlägt der Vorentwurf vor, dass die während der Ehe geäufneten Vorsorgemittel auch dann noch hälftig geteilt werden, wenn beim verpflichteten Ehegatten im Zeitpunkt der Scheidung der Vorsorgefall wegen Invalidität oder Pensionierung bereits eingetreten ist.
Weiter lockert der Vorentwurf die Voraussetzungen, unter denen das Gericht oder die Ehegatten vom Grundsatz der hälftigen Teilung der während der Ehe erworbenen Vorsorgemittel abweichen können. Den Ehegatten wird das Recht eingeräumt, sich einvernehmlich über den Vorsorgeausgleich – bzw. den ganzen oder teilweisen Verzicht darauf – zu einigen, wenn ihre angemessene Vorsorge dadurch nicht in Frage gestellt wird.
Weitere Vorschläge bezwecken den besseren Schutz des berechtigten Ehegatten. So muss der Ehegatte des Versicherten jeder Kapitalabfindung sowie der Errichtung von Grundpfandrechten auf einem mit Vorsorgemitteln finanzierten Grundstück zustimmen. Zudem wird sichergestellt, dass Vorsorgemittel nicht von der obligatorischen in die nicht obligatorische berufliche Vorsorge transferiert werden.
Schliesslich klärt der Vorentwurf verschiedene umstrittene Fragen. So wird beispielsweise bei der Ermittlung der Austrittsleistung der Stichtag zwingend auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit gelegt.
Die Vernehmlassungsergebnisse liegen zum heutigen Zeitpunkt noch nicht vor, der Vorentwurf hat aber in der Lehre bereits heftige Kritik ausgelöst.