Revision des Werkvertragsrechts
Seitenbeginn

Privatrecht

Revision des Werkvertragsrechts

Die Gesetzesartikel zum Werkvertragsrecht sind nunmehr gegen 140 Jahre alt. Der Bundesrat sieht, gestützt auf diverse Motionen, Revisionsbedarf und hat am 19. August 2020 eine punktuelle Anpassung der Gesetzesartikel in die Vernehmlassung geschickt. Der nachfolgende Artikel schafft einen Überblick über die geplanten Neuerungen.

Mängel und Rügefrist

Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Bei der Erstellung eines Bauwerks kommt es immer wieder zu Mängeln. Hat der Besteller bei der Prüfung des Bauwerks einen Mangel erkannt, so muss er gegenüber dem Unternehmer Anzeige machen. [1] Die Anzeige hat nach heute geltender Praxis unverzüglich nach Entdeckung des Mangels zu erfolgen. Als Richtwert gilt gemäss Bundesgericht eine Rügefrist von 7 Tagen. [2] Die Frist beginnt dabei mit der Entdeckung des Mangels. Erfolgt die Rüge verspätet, gelten die Mängelrechte (also Wandelung, Minderung oder Nachbesserung) des Bestellers als verwirkt. [3]

Erfahrene Bauherren verlangen in der Regel die Aufnahme der SIA-Norm 118 in den Werkvertrag. Diese sieht eine deutlich längere Rügefrist von zwei Jahren vor. Diese Norm gilt jedoch nicht von Gesetzes wegen und nur, wenn deren Anwendbarkeit vereinbart wird, was längst nicht immer der Fall ist.

Gemäss Revisionsentwurf soll die Rügefrist für offene und versteckte Mängel an unbeweglichen Werken, aber auch beim Grundstückkauf auf 60 Tage erhöht werden. [4] Die Neuerung soll jedoch dispositives Recht bleiben. Den Vertragsparteien steht es daher frei, die Rügefrist vertraglich zu verkürzen oder zu verlängern. Wird jedoch nichts anderes vereinbart, mildert der Revisionsentwurf die heute geltende Härte der kurzen Rügefristen in Kombination mit der Verwirkung der Mängel­rechte, was zu begrüssen ist.

Unabdingbares Nachbesserungsrecht

Beim Kauf von Neubauten oder Stockwerkeinheiten werden die dem Käufer oder dem Werkbesteller zustehenden Mängelrechte häufig wegbedungen. Als Ersatz hierfür werden diesem meist die Mängelrechte des Verkäufers oder Werk­unternehmers gegen seine Subunternehmer abgetreten. Diese Vertragslage ist für den Käufer oder Werkbesteller aus verschiedenen Gründen unbefriedigend. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist beispielsweise die Abtretung des Wandelungs- und Minderungsrechts unwirksam [5], womit lediglich noch das Nachbesserungsrecht zur Verfügung steht. Zudem ist für den Käufer oder Werkbesteller ohne Fachkenntnisse bei komplizierten Mängeln kaum erkennbar, gegen welchen der oft zahlreichen Subunternehmer vorzugehen ist.

Der Bundesrat schlägt in seiner Revision vor, dass das Recht auf unentgeltliche Nachbesserung bei Mängeln an Bauten, die für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Bauherrn bestimmt sind, unabdingbar sein soll. [6] Um Abgrenzungs­schwierigkeiten zwischen Kauf- und Werkverträgen zu vermeiden, soll dieses Recht auch dem Käufer eines Grund­stücks mit einer Baute, die noch zu errichten ist oder weniger als ein Jahr vor dem Verkauf neu errichtet wurde, gelten. [7] Damit steht dem Bauherrn für die Nachbesserung der Mängel ein einziger Ansprechpartner zur Verfügung (z.B. der Generalunternehmer anstelle zahlreicher Subunternehmer), was die Durchsetzung dieses Mängelrechts deutlich erleich­tern dürfte. Auch diese Stossrichtung gefällt aus Sicht des Käufers oder des Bauherrn.

Ersatzsicherheit zur Abwendung des Bauhandwerkerpfandrechts

Nach geltendem Recht haben Handwerker und Unternehmer, die auf einem Grundstück Arbeit (und Material) für eine Baute geliefert haben, für ihre Forderung Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandrechts auf diesem Grundstück. [8] Der Grundeigentümer kann einen entsprechen­den Eintrag des Grundpfandrechts im Grundbuch abwenden, indem er für die Forderung hinreichende Sicherheit (Ersatzsicherheit) leistet. [9] Diese muss dem Unternehmer die gleiche Sicherheit bieten wie das Bauhandwerkerpfandrecht, also für die Kapitalforderung, die Verzugszinsen und gegebenen­falls für die Vertragszinsen. [10]

In einem jüngeren Entscheid hat das Bundesgericht die Anforderungen an die Ersatzsicherheit hochgeschraubt: Eine Bankgarantie, die zwar die Kapitalforderung sicherstellt, die Verzugszinsen jedoch nur für einen beschränkten Zeitraum, stellt keine hinreichende Sicherheit dar. [11] Da Banken für unlimitierte Verzugszinsen keine oder nur zu unverhältnismässigen Konditionen Bankgarantien abgeben, steht diese Ersatzsicherheit dem Grundeigentümer in der Praxis kaum mehr zur Verfügung. Um diese Entwicklung abzuwenden, sieht der Bundesrat eine Beschränkung der sicherzustellenden Verzugszinsen auf 10 Jahre vor. [12] Damit würde der Umfang der Ersatzsicherheit wieder bestimmbar, was die Einholung einer Bankgarantie erleichtern dürfte.

Fazit

Die punktuellen Anpassungsvorschläge scheinen ausgewogen und sinnvoll. Neben der teilweisen Verbesserung der Rechtstellung der Käufer und Bauherrn schaffen die revidierten Normen auch Rechtsicherheit in umstrittenen Fragen. Im Grossen und Ganzen sind die Revisionsvorschläge daher zu begrüssen. Der weitere Verlauf des Gesetzgebungs­verfahrens und schliesslich die Konkretisierung der Normen in Lehre und Rechtsprechung bleiben abzuwarten.

Fussnoten

  1. Art. 370 Abs. 2 OR; Art. 367 Abs. 2 OR.

  2. Gauch, Der Werkvertrag, 6. Auflage, Rz. 2141; BGer 4A_53/2012 vom 31. Juli 2012 E. 6.2
    mit Hinweisen.

  3. Gauch, a.a.O., Rz. 2160.

  4. Art. 219a Abs. 1 und Art. 370 Abs. 3 des Vorentwurfs OR.

  5. BGE 114 II 239 E. 5c S. 247.

  6. Art. 368 Abs. 2bis des Vorentwurfs OR.

  7. Art. 219a Abs. 2 des Vorentwurfs OR.

  8. Art. 836 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB.

  9. Art. 839 Abs. 3 ZGB.

  10. Art. 818 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 ZGB.

  11. BGE 142 III 738 E. 4.5 S. 742.

  12. Art. 839 Abs. 3 des Vorentwurfs ZGB.

Artikel speichern

pdf (85 KB)

Artikel teilen

Share