Privatrecht
Kommt es bei einem Bauprojekt zur Kündigung eines Generalplanervertrags, stehen nicht nur vertrags- und haftungsrechtliche Fragen im Raum – häufig geht vergessen, dass auch das Urheberrecht des Architekten oder Planers betroffen ist. Wer darf die Pläne weiterverwenden? Besteht ein Anspruch auf Ausführungsrecht? Und was gilt, wenn die Zusammenarbeit früh endet?
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen, die aktuellen Empfehlungen und zeigt auf, worauf Auftraggeberinnen und Auftraggeber im Kanton Bern achten sollten.
Verträge mit Generalplanern umfassen meist ein Bündel verschiedener Leistungen – von der Projektentwicklung über Planung, Ausschreibung und Koordination bis hin zur Bauleitung. Diese sogenannten «globalen Planerverträge» sind rechtlich nicht einheitlich geregelt, sondern enthalten Elemente des Werkvertragsrechts (Art. 363 ff. OR[1]) und des Auftragsrechts (Art. 394 ff. OR).
Die Qualifikation einzelner Leistungen richtet sich danach, ob ein konkreter Erfolg oder bloss eine Tätigkeit geschuldet ist. Werkvertraglich geregelt sind typischerweise Leistungen wie Vorprojekt, Bauprojekt, Ausführungsplanung oder Bewilligungspläne. Auftragsrechtlich einzuordnen sind dagegen Koordination, Beratung, Ausschreibung und Bauleitung.
Für das Kündigungsrecht ist die Einordnung entscheidend: Während beim Werkvertrag grundsätzlich nur der Besteller kündigen kann (Art. 377 OR), ist beim Auftragsverhältnis die jederzeitige Kündigung durch beide Parteien möglich (Art. 404 OR). Das Bundesgericht qualifiziert den Gesamtvertrag mit einem Generalplaner überwiegend als Auftrag.[2] Deshalb ist auch der werkvertragliche Teil jederzeit kündbar – allerdings unter der Voraussetzung, dass im Fall einer Kündigung zur Unzeit eine angemessene Entschädigung geschuldet ist.[3]
In der Praxis werden Generalplanern häufig Mindestquoten für den Umfang ihrer Leistungen zugesichert. Wird diese Quote unterschritten, kann dies eine Vertragsverletzung darstellen.
Die SIA-Normen, insbesondere die SIA 102[4] und 142[5], sehen Entschädigungsregelungen für Kündigungen vor. Art. 1.10 SIA 102 regelt, dass bei Kündigung zur Unzeit durch den Bauherrn ein Zuschlag von mindestens 10% für nicht bezogene Leistungen geschuldet ist. Fehlt eine vertragliche Regelung, gelten die Bestimmungen von Art. 404 Abs. 2 OR.
Wird das Vertragsverhältnis frühzeitig aufgelöst, muss beurteilt werden, welche Leistungen bereits erbracht wurden und welcher Anteil noch aussteht. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Höhe der Entschädigung.
Entwürfe, Visualisierungen, Modelle und Pläne sind urheberrechtlich geschützt, sofern sie eine individuelle geistige Schöpfung darstellen (vgl. Art. 2 URG[6]). Im Bereich der Architektur ist dies meist der Fall. Das Urheberrecht steht gemäss Art. 6 URG der natürlichen Person zu, die das Werk geschaffen hat – also dem Planer oder Architekten persönlich.
Die Urheberpersönlichkeitsrechte sind nicht übertragbar, wohl aber die Vermögensrechte – insbesondere das Recht auf Nutzung und Vervielfältigung (Art. 16 URG). Eine Übertragung erfolgt entweder durch ausdrückliche vertragliche Regelung oder, in Ermangelung einer solchen, im Wege der sogenannten «Zweckübertragungstheorie».[7]
Letztere besagt, dass das Nutzungsrecht so weit übergeht, wie dies dem Zweck des Vertrags entspricht. Wird ein Architekt für ein konkretes Projekt entlöhnt, erwirbt der Bauherr das Recht, das Werk im Rahmen dieses Projekts zu verwenden. SIA 102 hält diese Praxis in Art. 1.3.1 und 1.5.3 ausdrücklich fest: Der Planer behält das Urheberrecht, der Auftraggeber erhält mit Zahlung des Honorars ein nicht ausschliessliches, aber projektbezogenes Nutzungsrecht.
Kommt es zu einer vorzeitigen Vertragsauflösung, etwa durch Kündigung durch die Bauherrschaft, stellt sich regelmässig die Frage, ob die bisherigen Planungsgrundlagen weiterverwendet werden dürfen. Insbesondere, wenn die Kündigung früh erfolgt – etwa nach dem Vorprojekt –, reklamieren Planer gelegentlich eine zusätzliche Vergütung für das Ausführungsrecht oder verweigern die Zustimmung zur Nutzung.
Rechtlich ist eine solche Forderung nur schwer durchsetzbar, wenn die erbrachten Leistungen bereits bezahlt wurden. Der Auftraggeber kann sich in diesen Fällen mit gewissem Recht auf das Kündigungsrecht nach Art. 404 OR berufen. Der Zweck des Vertrags – nämlich die projektbezogene Verwendung der bezahlten Planungsleistungen – bleibt erfüllt, auch wenn keine Weiterbeauftragung erfolgt.[8]
Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, bereits im Vertrag zu regeln, ob und in welchem Umfang das Ausführungsrecht auch nach Kündigung gilt und ob dafür allenfalls eine pauschale Abgeltung vorgesehen ist (siehe nachfolgend).
Für Auftraggeberinnen und Auftraggeber – private wie öffentliche – ist es zentral, sich frühzeitig mit den möglichen rechtlichen Folgen einer Vertragsauflösung auseinanderzusetzen.
Zu empfehlen ist insbesondere:
Die Kündigung eines Planervertrags bringt nicht nur vertragsrechtliche, sondern auch urheberrechtliche Fragen mit sich. Wer sich auf das jederzeitige Kündigungsrecht beruft, muss sich bewusst sein, dass eine faire Entschädigung zu zahlen ist – allerdings nicht zwingend auch eine zusätzliche Vergütung für die weitere Nutzung des Werks.
Das Urheberrecht schützt zwar die geistige Schöpfung des Planers – schliesst aber nicht aus, dass mit der Zahlung des vereinbarten Honorars ein Nutzungsrecht für das konkrete Projekt übergeht. Wer diesen Aspekt frühzeitig vertraglich regelt, schafft Klarheit für alle Beteiligten und reduziert das Risiko kostspieliger und zeitraubender Streitigkeiten.
Fussnoten
Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) vom 30. März 1911 (SR 220)
BGE 127 III 545
Stöckli, Abschluss und Beendigung von Planerverträgen, in: Stöckli/Siegenthaler, Die Planerverträge, 2. Aufl., Zürich 2019, Rz. 2.104
SIA-Norm 102, Ordnung für Leistungen und Honorare der Architektinnen und Architekten, herausgegeben vom SIA (Ausgabe 2020)
SIA-Norm 142, Ordnung für Architektur- und Ingenieurwettbewerbe, herausgegeben vom SIA (Ausgabe 2009)
Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) vom 9. Oktober 1992 (SR 231.1)
Schluep / Wenger Berger, Das geistige Eigentum des Planers, in: Stöckli/Siegenthaler, Die Planerverträge, Rz. 17.37
vgl. zum Ganzen: Schärli, Das Urheberrecht des Planers – ein Immaterialgüterrecht im Konflikt mit den Eigentumsrechten des Bauherrn, in: Bau- und Immobilienrecht, Aktuelle Themen – Kommentierte Entscheide – Praxisfälle, (7) 2020, S. 4 f.