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Privatrecht

Crowdfunding - Das Verhältnis zwischen den Parteien auf dem Weg zum Eigentumserwerb

Das Ziel der Immobilienfinanzierung mittels Crowdfunding besteht darin, dass einzelne Anleger eine Miteigentümergemeinschaft bilden und einen Miteigentumsanteil an der über die Crowdfunding-Plattform angebotenen Immobilie erwerben, um damit eine Rendite zu erzielen. Auf dem Weg zum Eigentumserwerb gehen die Anleger diverse Rechtsverhältnisse ein, welche nachfolgend beleuchtet werden.

Verhältnis der Anleger zur Crowdfunding-Plattform

Die Immobilie wird bei Crowdfunding meist über eine Onlineplattform angeboten, auf welcher sich interessierte Anleger registrieren können. Dort hat man die Möglichkeit, die sachdienlichen Unterlagen zur Immobilie wie insbesondere Grundbuchauszug, Mieterspiegel, Verkehrswertschätzung zu prüfen und seinen Investitionsbetrag festzulegen. Im Anschluss dazu erhält der Anleger die Vertragsunterlagen und Vollmachten, welche er zum Abschluss des Geschäfts unterzeichnen kann.

Mit der Crowdfunding-Plattform wird in der Regel ein schriftlicher Geschäftsführungsvertrag abgeschlossen. Dieser beinhaltet insbesondere den Auftrag der Vermittlung und der Abwicklung des Kaufs der Liegenschaft, für welche sich der Anleger interessiert. Dieser Auftrag wird als Maklervertrag im Sinne von Art. 412 ff. OR qualifiziert. Die Crowdfunding-Plattform verpflichtet sich gegenüber dem Anleger gegen Leistung einer Vergütung zur Vermittlung des Abschlusses eines Kaufvertrags zwischen dem Verkäufer und der zu bildenden Miteigentümergemeinschaft. Das Maklerhonorar entspricht in der Regel einem Prozentsatz des beurkundeten Kaufpreises, wobei hier je nach Vertragsgestaltung auch weitere Kosten anfallen können.

Neben der Maklerleistung sind in den Geschäftsführungsverträgen gewöhnlich noch weitere Pflichten verankert, wie beispielsweise die Vertretung der Anleger gegenüber Dritten, die Eröffnung von Bankkonti oder der Abschluss von
Kredit- und Sicherheitenverträgen. Kommt es schliesslich zum Kauf der Liegenschaft, kann die Crowdfunding-Plattform weitere Aufgaben übernehmen. So kann sich die Plattform gegenüber den inskünftigen Miteigentümern inbesondere verpflichten, die Vertretung der Miteigentümer gegenüber einer einzusetzenden, externen Liegenschaftsverwaltung zu übernehmen. Weiter kann sie sich beispielsweise auch dazu verpflichten, die angehenden Miteigentümer bei einem späteren Wiederverkauf des Miteigentumsanteils zu unterstützen und ihre Onlineplattform zur Verfügung zu stellen. Solche Leistungen sind in der Regel mit weiteren Vergütungen verbunden.

Sowohl der Maklervertrag als auch die übrigen Nebenleistungen der Crowdfunding-Plattform werden im Regelfall Auftragsrecht nach Art. 394 ff. OR unterliegen. Es empfiehlt sich, die Vertragsgrundlagen sorgfältig zu prüfen oder prüfen zu lassen, weisen diese doch häufig detailliert geregelte und von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Rechte und Pflichten auf.

Der Geschäftsführungsvertrag wird in der Regel für die Dauer der Investition, mit Option auf Verlängerung, abgeschlossen. Das Auftragsrecht sieht in Art. 404 Abs. 1 OR grundsätzlich eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit vor. Diese gesetzliche Kündigungsmöglichkeit kann mit abweichenden Vertragsbestimmungen kollidieren. Die Durchsetzbarkeit solch abweichender Bestimmungen ist in Anbetracht des zwingenden Charakters von Art. 404 Abs. 1 OR fraglich.

Verhältnis der Anleger zum Escrow-Agent

Die Anleger zahlen ihren gewünschten Investitionsbetrag zum Erwerb des Miteigentumsanteils in der Regel auf ein Escrow-Konto ein. Der Escrow-Manager wird von den einzelnen Anlegern mittels Escrow-Vertrag mit der Eröffnung eines solchen Kontos und der Verwahrung der Eigenmittel der Anleger beauftragt.

Der Escrow-Vertrag wird gemeinhin als Innominatvertrag qualifiziert, welcher Elemente eines Hinterlegungsvertrags (Art. 472 ff. OR) und eines Auftrags (Art. 394 ff. OR) enthält.

Die Crowdfunding-Plattform wird ermächtigt, im Namen und Auftrag der Anleger dem Escrow-Agenten die notwendigen Mitteilungen zu machen, welche die zweckgebundene und vertragliche Verwendung der Eigenmittel der Anleger gewährleistet. Sobald sämtliche notwendigen Eigenmittel gezeichnet sind, ist der Escrow-Manager ermächtigt, die Eigenmittel auf das vorgesehene Liegenschaftskonto zu überweisen; sie werden anschliessend zur Bezahlung des Kaufpreises und der anfallenden Nebenkosten dienen. Sollten die vorgesehenen Eigenmittel nicht innert der vorgesehenen Frist akquiriert werden, erfolgt eine Rücküberweisung auf die Konti der einzelnen Anleger.

Verhältnis der Anleger zur kreditgebenden Bank

Zum Erwerb der Liegenschaft werden neben den Eigenmitteln oft auch Drittmittel einer kreditgebenden Bank verwendet. Zu diesem Zweck wird zwischen der Miteigentümergemeinschaft, in der Regel vertreten durch die Crowdfunding-Plattform, und der Bank ein Hypothekarvertrag abgeschlossen. Ein Hypothekarvertrag ist nichts anderes als ein Darlehensvertrag nach Art. 312 ff. OR. Die Bank verpflichtet sich, eine gewisse Darlehenssumme gegen Entrichtung der Zinsen und gegen Rückerstattung der Summe nach Beendigung des Darlehens für den Erwerb der Liegenschaft zur Verfügung zu stellen.

Die Bank wird für die Gewährung des Darlehens Sicherheiten verlangen. Im Regelfall werden der Bank Schuldbriefe, lastend auf der zu erwerbenden Liegenschaft, als Sicherheit übertragen. Zu diesem Zweck schliesst die Miteigentümergemeinschaft mit der Bank einen Sicherheitsübereignungsvertrag ab, welcher der Bank das Eigentum an den Schuldbriefen zu Sicherungszwecken verschafft.

Da die Miteigentümergemeinschaft im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Darlehensvertrags in der Regel noch nicht bestehen wird, erfolgt der Abschluss desselben unter der aufschiebenden Bedingung, dass die nötigen Eigenmittel akquiriert und die Miteigentümer im Grundbuch eingetragen werden.

Im Verhältnis zur Bank tritt eine Miteigentümergemeinschaft in der Regel als einfache Gesellschaft auf. Wird nichts anderes festgelegt, haften die Miteigentümer für das Darlehen daher solidarisch (Art. 544 Abs. 3 OR), was kaum im Interesse der Anleger sein dürfte. Als Anleger ist daher darauf zu achten, dass die solidarische Haftung sowohl im Innenverhältnis als auch im Aussenverhältnis mit der Bank vertraglich ausgeschlossen wird und die Haftung auf den jeweiligen Miteigentumsanteil beschränkt ist.

Fazit

Die vorstehende Aufstellung zeigt, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Anlegern und den einzelnen Parteien des Crowdfundings vielfältig sind. Die Rechte und Pflichten sind in der Regel detailliert in schriftlichen Verträgen geregelt. Eine eingehende Prüfung der Vertragsentwürfe lohnt sich, um eine genaue Vorstellung über die Geschäftsbeziehungen und die damit verbundenen Chancen und Risiken zu erlangen. Im Zweifelsfall wird zum Beizug eines fachkundigen Juristen geraten.

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