Privatrecht
Am 1. Januar 2013 wird die Änderung des Zivilgesetzbuchs vom 30. September 2012 bezüglich des Namens- und Bürgerrechts in Kraft treten. Diese Änderung bedeutet eine radikale Abkehr von der bisherigen, eher etwas patriarchalisch geprägten Regelung der Familiennamen.
Bisher war es für die Betroffenen etwas heikel, wenn eine Frau Fink einen Herrn Schmutz heiraten wollte, weil dies mitunter zu einem zum Schmunzeln anregenden Allianznamen führte. Der Bundesgesetzgeber hat nun eine radikale neue Lösung getroffen, die doch etwas überraschend ist.
Grundsätzlich behält jeder Ehegatte bei der Heirat seinen Namen. Die Ehegatten können aber (müssen jedoch nicht) gegenüber der Zivilstandsperson erklären, entweder den Namen der Frau oder denjenigen des Mannes als gemeinsamen Familiennamen zu führen. Allianznamen (mit Bindestrich) und Doppelnamen (ohne Bindestrich) gibt es nicht mehr. Frau Fink bleibt Frau Fink und Herr Schmutz bleibt Herr Schmutz oder beide Ehegatten heissen «nur» Fink respektive Schmutz.
Für den Namen der Kinder gilt folgendes: Haben die Ehegatten einen gemeinsamen Familiennamen gewählt, tragen auch die Kinder diesen Namen. Ansonsten haben die Ehegatten bei der Verheiratung vor der Zivilstandsperson zu erklären, welchen der beiden Namen ihre gemeinsamen Kinder tragen sollen. Die Eltern können aber innerhalb eines Jahres seit der Geburt des ersten Kindes gemeinsam verlangen, dass das Kind den Ledignamen des anderen Elternteils trägt. Diese Wahl gilt auch für alle weiteren Kinder des Paares. Damit wird verhindert, dass z.B. das erste Kind Schmutz und das zweite Kind Fink heisst.
Nach der Scheidung behält der Ehegatte, der seinen Namen bei der Eheschliessung geändert hat, diesen Namen. Er kann aber jederzeit erklären, wieder seinen Ledignamen führen zu wollen. Nach bisherigem Recht bestand diese Möglichkeit nur während einem Jahr seit Rechtskraft der Scheidung.
Stirbt ein Ehegatte, so kann nach neuem Recht der andere jederzeit erklären, dass er wieder seinen Ledignamen führen will.
Aber welcher Name ist der «Ledigname»? Die Zivilstandsverordnung versteht darunter den Namen einer Person, den diese entweder unmittelbar vor ihrer ersten Eheschliessung geführt oder gestützt auf einen Namensänderungsentscheid als neuen Ledignamen erworben hat. Es ist also nicht in jedem Fall der unmittelbar vor der Ehe geführte Name darunter zu verstehen.
Damit kann es passieren und stossend sein, dass eine Witwe, die jahrzehntelang den Namen ihres ersten Ehemannes getragen hat, nach der Auflösung einer kurzen, unglücklichen zweiten Ehe nicht zum vor der zweiten Ehe geführten Namen, sondern nur zu ihrem Geburtsnamen zurückkehren darf.
Problematisch kann auch das Auseinanderklaffen von Kindesund Elternname sein. Das neue Namensrecht verbietet es, einen «erheirateten» Namen in einer weiteren Ehe als gemeinsamen Familiennamen zu wählen. Allenfalls kann dies mit einer grosszügigeren Zulassung der Namensänderung nach (neu) ZGB Art. 30 Abs. 1 aufgefangen werden. Die Gerichtspraxis wird hier den Weg weisen müssen.
Unabhängig von der Namenswahl behält jeder Ehegatte sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht.
Das Kind erhält dabei das Kantons- und Gemeindebürgerrecht des Elternteils, dessen Namen es trägt. Erwirbt es während der Minderjährigkeit den Namen des anderen Elternteils, so erhält es auch dessen Kantons- und Gemeindebürgerrecht anstelle des bisherigen.
Grundsätzlich behalten alle Ehegatten den Namen oder die Namen, die sie heute führen. Bestehende Doppelnamen (vorangestellter Ledigname gefolgt von Familienname, ohne Bindestrich) behalten ihre Gültigkeit. Auch unter dem neuen Recht zulässig bleiben die nicht amtlichen Allianznamen (z.B. Johann Schneider-Ammann). Die Praxis wird zeigen, inwieweit diese für Passdokumente etc. noch verwendet werden dürfen. Ein Rechtsanspruch auf Verwendung des Allianznamens besteht indessen – wie schon heute – nicht.
Jeder Ehegatte, der vor dem Inkrafttreten der Änderung, also vor dem 1. Januar 2013, seinen Namen bei der Eheschliessung geändert hat, kann jederzeit gegenüber der Zivilstandsperson erklären, dass er wieder seinen Ledignamen tragen will. Wenn also Frau Schmutz-Fink oder Frau Fink Schmutz «genug» von ihrem Namen hat, kann sie ihn jederzeit ändern, indem sie erklärt, wieder einzig Fink heissen zu wollen.
Das hat naturgemäss Auswirkungen auf die Kinder. Wenn die Eltern nach dieser Erklärung keinen gemeinsamen Familiennamen mehr führen, können sie innert Jahresfrist seit Inkrafttreten des neuen Rechts (also bis 31. Dezember 2013) erklären, dass ihre Kinder den Ledignamen des Elternteils erhalten, der diese Erklärung abgegeben hat. In unserem Fall könnten also die Kinder von Herrn Schmutz und Frau Fink neu «Fink» heissen. Doch sobald ein Kind das 12. Altersjahr vollendet hat, kann sein Name nur dann geändert werden, wenn es zustimmt.
Wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind, so erhält das Kind – wie bis anhin – den Ledignamen der Mutter. Überträgt die Vormundschaftsbehörde den Eltern die elterliche Sorge gemeinsam, so können diese (innerhalb eines Jahres) wiederum gemeinsam erklären, dass das Kind den Ledignamen des Vaters tragen soll. Dieselbe Erklärung kann der Vater abgeben, wenn er alleiniger Inhaber der elterlichen Sorge wird. Auch hier ist die Zustimmung des Kindes notwendig, wenn es das 12. Altersjahr zurückgelegt hat.
Bei eingetragener Partnerschaft gilt für das Namens- und Bürgerrecht sinngemäss dasselbe wie bereits ausgeführt.
Das radikal geänderte Namensrecht wirft bei näherer Betrachtung diverse Fragen auf:
Erklären die Brautleute bei der Heirat nicht, einen gemeinsamen Familiennamen führen zu wollen, tragen sie weiterhin den vor der Ehe geführten Namen – der auch ein erheirateter Name sein kann. Gleichzeitig müssen sie den Familiennamen der künftigen gemeinsamen Kinder bestimmen – von Gesetzes wegen darf dies aber nur ein Ledigname sein. Die Praxis wird hier Antwort darauf geben müssen, ob dies auch ein ehemals erheirateter Name – beispielsweise der Ehefrau, die Kinder mit in die Ehe bringt – sein kann. Vom Gesetzeswortlaut her ist dies ausgeschlossen.
Heikel wird es beispielsweise dann, wenn die Eltern im Ausland heiraten und eine Namenswahl bei der Heirat nicht erfolgt ist (was wohl der Regelfall ist, weil dies in den ausländischen Rechtsordnungen nicht vorgesehen ist) und sich die Eltern auch nach der Geburt des Kindes auf keinen Namen einigen können. Für diese Situation gibt das Gesetz keine klare Antwort. Gehören die Eltern verschiedenen Religionen und Kulturkreisen an, wird das Namens- und Bürgerrecht wohl einiges an Brisanz aufweisen und die Gerichte lange beschäftigen.
Das Gesetz verlangt, dass das Kind unverheirateter Eltern den Ledignamen der Mutter erhält. Was passiert nun, wenn die Mutter (nach einer Scheidung oder als Witwe) einen durch Heirat erworbenen Namen führt? Gemäss der bereits erwähnten Definition des Begriffs «Ledigname» werden Mutter und Kind nicht denselben Namen tragen!
Heiraten die Eltern erst nach der Geburt, erhalten die Kinder den von den Eltern gewählten Familiennamen oder, beim Beibehalten der verschiedenen Namen, den für die gemeinsamen Kinder gewählten Namen. Auch hier ist nicht geregelt, was passieren soll, wenn sich die Eltern auf keinen Namen für die Kinder einigen können. Oder wenn die Eltern mehrere Kinder haben und deren Namen ändern wollen, eins der Kinder aber schon zwölf Jahre oder älter ist und seinen Namen nicht mehr wechseln will.
Jedenfalls klar ist, dass Ehegatten, welche die Weitergabe eines Familiennamens an ihre Kinder gemäss heutiger Usanz (Familienname des Vaters) bewirken wollen, den Ledignamen des Vaters als gemeinsamen Familiennamen oder als Name für die gemeinsamen Kinder wählen müssen.