Das neue Firmenrecht im Überblick
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Handels- und Gesellschaftsrecht

Das neue Firmenrecht im Überblick

Auf den 1. Juli 2016 trat eine Revision des Obligationenrechts (OR) in Kraft, welche das Firmenrecht teilweise neu regelt.[1] In diesem Beitrag werden die neuen Bestimmungen, ausgehend vom bisherigen Recht, kurz vorgestellt und erläutert. Der Begriff «Firma» wird dabei im rechtlichen Sinn gebraucht, wonach der Name des Trägers eines kaufmännischen Unternehmens gemeint ist, beispielsweise einer Kollektivgesellschaft oder einer AG. In der Alltagssprache wird der Begriff demgegenüber oft mit dem Unternehmen selbst gleichgesetzt; gängig sind Formulierungen wie «an diesem Projekt sind mehrere Firmen beteiligt» oder «als ich bei dieser Firma arbeitete».[2]

Übersicht bisherige Rechtslage

Gemäss bisherigem Recht (aArt. 947 OR in Kraft bis 30. Juni 2016) mussten Personengesellschaften (Kollektiv- oder Kommanditgesellschaften) in ihrer Firma die Namen der unbeschränkt haftenden Gesellschafter führen, mindestens aber einen dieser Namen, kombiniert mit einem das Gesellschaftsverhältnis andeutenden Zusatz. Andere Namen durften in der Firma nicht enthalten sein. Diese Regelung hatte zur Folge, dass beim Ausscheiden eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters die Firma angepasst werden musste (aArt. 948 OR), weshalb unter Umständen der jahrelang erarbeitete und gepflegte Wert einer Firma (Bekanntheitsgrad) verloren ging.[3]

Kapitalgesellschaften (AG, GmbH) waren bereits nach geltendem Recht in der Wahl ihrer Firma grundsätzlich frei (aArt. 950 OR). Somit war auch eine reine Fantasiebezeichnung als Firma zulässig, jedoch unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Firmenbildung gemäss aArt. 944 Abs. 1 OR, wonach die Firma der Wahrheit entsprechen muss, keine Täuschungen verursachen und keinem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen darf. Kapitalgesellschaften und Genossenschaften mussten bereits nach bisherigem Recht in der Firma zwingend die Rechtsform angeben.

Schliesslich bestanden gemäss bisherigem Recht differenzierte Vorschriften über die Ausschliesslichkeit einer Firma. Damit gemeint ist die Regelung, wonach später gebildete Firmen mit bereits eingetragenen nicht identisch sein dürfen und sich von diesen deutlich unterscheiden müssen, um eine Verwechslungsgefahr auszuschliessen.[4] Gemäss Art. 951 Abs. 1 OR in Verbindung mit Art. 946 Abs. 1 OR ist die Ausschliesslichkeit der Firma einer Personengesellschaft auf den Ort, an dem sie tätig ist, beschränkt. Dagegen gilt die Ausschliesslichkeit für Kapitalgesellschaften gemäss Art. 951 Abs. 2 OR in der ganzen Schweiz.[5]

Gemäss neuem Recht gilt der Grundsatz, wonach die Firma frei gewählt werden kann, ebenso wie die Regelung der Ausschliesslichkeit, nun auch für Personengesellschaften.

Zielsetzung des neuen Firmenrechts

Das bisherige Firmenrecht wurde als restriktiv kritisiert und es wurde bemängelt, dass es den Nachfolgeprozess von Unternehmungen behindere. Aus diesen Gründen wurde vorgeschlagen, ein Unternehmen solle seine einmal gewählte Firma auch dann behalten können, wenn sich der Kreis der Gesellschafter ändert. Ziel der neuen Regelung ist folglich, dass eine bestehende Firma auf unbestimmte Zeit weitergeführt werden kann. Damit die Rechtsform klar ist, und um eine allfällige Verwechslungs- oder Täuschungsgefahr auszuschliessen, soll ein Zusatz in der Firma auf die Rechtsform aufmerksam machen. Der Kern der Firma soll möglichst frei wählbar sein und auch bei Personengesellschaften sollen Fantasiebezeichnungen als einziger Bestandteil in die Firma aufgenommen werden können.[6]

Die neuen Vorschriften im Einzelnen:

Freie Wahl der Firma und Angabe der Rechtsform

Gemäss der neuen Bestimmung von Art. 950 Abs. 1 OR (in Kraft seit 1. Juli 2016) können sowohl Personengesellschaften als auch AG, GmbH und Genossenschaften unter Wahrung der allgemeinen Grundsätze der Firmenbildung ihre Firma frei wählen. Neu ist somit, dass auch Personengesellschaften eine Fantasiebezeichnung als Firma führen können. Jedoch muss nun zwingend auch die Rechtsform angegeben werden; diese wird zu einem festen Bestandteil der Firma, auf den die Gesellschafter nicht verzichten können.[7] Diese Regelung gilt nicht mehr nur für Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, sondern neu auch für Personengesellschaften. Die Angabe der Rechtsform kann ausgeschrieben oder abgekürzt werden. Die neu eingeführte Abkürzung für die Kollektivgesellschaft lautet «KlG», diejenige für die Kommanditgesellschaft «KmG». Notwendige Zusätze Von der Angabe der Rechtsform zu unterscheiden sind die das Gesellschaftsverhältnis andeutenden Zusätze des bisherigen Rechts, welche bei der Kollektivgesellschaft (falls nicht sämtliche Gesellschafter in der Firma erwähnt werden) und bei der Kommanditgesellschaft notwendig waren. In der Praxis gebräuchlich sind Zusätze wie «& Co.» oder «und Partner». Diese Zusätze genügen den Anforderungen von Art. 950 Abs. 1 OR, wonach die Rechtsform anzugeben ist, nicht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass solche Bestandteile nach neuem Recht nicht mehr verwendet werden dürfen; sie sind nach wie vor zulässig, gelten aber nicht als Angabe der Rechtsform, welche nun noch zusätzlich erfolgen muss.[8] Nach neuem Recht kann eine Kollektivgesellschaft somit beispielsweise die Firma «Muster & Co. KlG» führen.

Neue Regelung der Ausschliesslichkeit

Mit der neuen Regelung wird auch die Ausschliesslichkeit der Firma vereinheitlicht. Gemäss Art. 951 OR muss sich die Firma einer Handelsgesellschaft (Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft) und einer Genossenschaft von allen in der Schweiz bereits eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden. Damit wird die neu eingeführte freie Wahl der Firma zwar gleich wieder eingeschränkt, doch dafür geniesst diese künftig nationale Exklusivität.[9] Die schweizweite Ausschliesslichkeit der Firmen von Handelsgesellschaften und Genossenschaften führt auch dazu, dass bei einer Umwandlung in eine andere Rechtsform die bisherige Firma beibehalten werden kann und nur die Angabe der Rechtsform angepasst werden muss.[10]

Übergangsrecht

Für bereits im Handelsregister eingetragene Kollektiv- oder Kommanditgesellschaften entsteht keine Pflicht, ihre Firma sofort an das neue Recht anzupassen, bzw. mit einer Rechtsformangabe zu ergänzen. Die bisherige Firma kann so lange unverändert weitergebraucht werden, wie dies unter dem bisherigen Recht möglich gewesen wäre. Scheiden jedoch die in der Firma mit Namen aufgeführten unbeschränkt haftenden Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, muss die Firma an das neue Recht angepasst und mit der Angabe der Rechtsform ergänzt werden, weil nun ja auch Personen in der Firma geführt werden dürfen, die mit der Gesellschaft nichts (mehr) zu tun haben.[11] Für bereits eingetragene Kollektivgesellschaften bleibt die Ausschliesslichkeit der Firma auf den Ort beschränkt. Will eine eingetragene Gesellschaft die Ausschliesslichkeit auf die ganze Schweiz ausdehnen, muss sie ihre Firma dem neuen Recht unterstellen und mit der Angabe der Rechtsform ergänzen.[12]

Anwendungsfall

Das folgende Beispiel veranschaulicht die neue Regelung:[13] Die Kollektivgesellschaft «Muster & Co.» besteht aus den drei Gesellschaftern Muster, Meier und Müller. Die Firma kann unter dem neuem Recht unverändert weitergeführt werden. Scheidet jedoch später der Gesellschafter Muster aus, und wurde gemäss Art. 576 OR vereinbart, dass die Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt werden soll, so muss die Firma an das neue Recht angepasst werden.[14] Die Gesellschafter können nun den Kern der Firma frei wählen (unter Beachtung der allgemeinen Bestimmungen zur Firmenbildung), müssen aber die Rechtsform angeben. Damit die bekannte Firma «Muster & Co.» erhalten bleibt, können sie die Firma entweder in «Kollektivgesellschaft Muster & Co.» oder in «Muster & Co. KlG» ändern.

Fazit

Die Revision des Firmenrechts führt zu einer Vereinheitlichung, da nun für sämtliche Handelsgesellschaften und Genossenschaften die gleichen firmenrechtlichen Regeln gelten. Die bisher für AG, GmbH und Genossenschaften geltenden Vorschriften werden für alle Handelsgesellschaften übernommen, also auch für Kollektiv- und Kommanditgesellschaften. Neu gilt, dass sämtliche Gesellschaften (unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Firmenbildung) ihre Firma frei wählen können, jedoch stets die Rechtsform angeben müssen. Weiter gilt die Ausschliesslichkeit einer Firma nun schweizweit, egal ob es sich um eine Personen- oder Kapitalgesellschaft handelt.

Fussnoten

  1. Änderung des Obligationenrechts vom 25. September 2015, AS 2016, 1507.

  2. Jean Nicolas Druey et al., Gesellschafts- und Handelsrecht, 11. Auflage, Zürich 2015, 319.

  3. Ernst Staehelin, Neues Firmenrecht: Handlungsbedarf für Anwaltskanzleien?, in: Anwaltsrevue 2016, 203; Samuel Krähenbühl, Änderung des Firmenrechts – Kleine Ursache, grosse Wirkung, Reprax 2015, 2.

  4. Arthur Meier-Hayoz/Peter Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 11. Auflage, Bern 2012, 201; Martina Altenpohl, in: Heinrich Honsell/Peter Nedim Vogt/Rolf Watter (Hrsg.), Basler Kommentar Obligationenrecht II, 5. Auflage, Zürich 2016, N. 1 zu Art. 951 OR.

  5. Druey et al., zit. in Fn. 2, 34.

  6. Ernst Staehelin, zit. in Fn. 3, 204; Samuel Krähenbühl, zit. in Fn. 3, 2.

  7. Martina Altenpohl, zit. in Fn. 4, N. 4 Vorbem. zu Art. 950 OR; Samuel Krähenbühl, zit. in Fn. 3, 4; vgl. auch Rolf Sethe/Carlo Egle, Entwicklungen im Gesellschaftsrecht und im Wertpapierrecht, SJZ 2016, 493.

  8. Samuel Krähenbühl, zit. in Fn. 3, 4.

  9. Rolf Sethe/Carlo Egle, zit. in Fn. 7, 493; Samuel Krähenbühl, zit. in Fn. 3, 6; siehe auch Martina Altenpohl, zit. in Fn. 4, N. 2 zu Art. 951 OR.

  10. Samuel Krähenbühl, Die Teilrevision des Firmenrechts im Überblick, Reprax 2016, 5.

  11. Ernst Staehelin, zit. in Fn. 3, 204; Samuel Krähenbühl, zit. in Fn. 3, 5.

  12. Samuel Krähenbühl, zit. in Fn. 10, 5.

  13. vgl. Samuel Krähenbühl, zit. in Fn. 3, 12.

  14. Siehe Art. 2 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des Obligationenrechts vom 25. September 2015, wonach die Firma beibehalten werden kann, solange die Art. 947 und 948 des bisherigen Rechts keine Änderung erfordern.

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