Die Revision des Aktienrechts – Neuerungen im Vors...
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Handels- und Gesellschaftsrecht

Die Revision des Aktienrechts – Neuerungen im Vorschlag des Bundesrats

Der Bundesrat legte bereits Ende 2007 eine Botschaft und einen Gesamtentwurf zur Aktienrechtsrevision vor, welcher überdies neue Bestimmungen zum Rechnungslegungsrecht beinhaltete. Wegen der im Februar 2008 eingereichten und im März 2013 von Volk und Ständen angenommenen Volksinitiative «gegen die Abzockerei» stand die Aktienrechtsrevision bis zur Verabschiedung der Botschaft des Bundesrats am 23. November 2016 still.
Dieser Beitrag beleuchtet einige vom Bundesrat vorgeschlagene Änderungen des Aktienrechts, die sowohl börsenkotierte wie auch nicht börsenkotierte Gesellschaften betreffen

Gründungsvorschriften

Art. 629 Abs. 1 OR bestimmt, dass die Gründung einer Aktiengesellschaft in öffentlicher Urkunde erfolgt. Die Botschaft des Bundesrats sieht vor, dass für die Gründung von einfach strukturierten Gesellschaften – gemeint sind Gesellschaften, deren Statuten nur den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt umfassen und deren Aktienkapital mittels Barliberierung vollständig einbezahlt wird – anstelle der öffentlichen Beurkundung die einfache Schriftform verwendet werden kann. Werden zu einem späteren Zeitpunkt die Statuten einer in einfacher Schriftlichkeit gegründeten Gesellschaft geändert, genügt auch dafür die Schriftform. Eine Ausnahme bildet jedoch die Kapitalherabsetzung oder -erhöhung, sofern die Einlagen nicht oder nicht vollständig mittels Barliberierung geleistet werden.

Aufgrund der bei Gründungen und Kapitalerhöhungen häufig auftretenden Problematik der drohenden Aushöhlung des Aktienkapitals soll die sogenannte «beabsichtigte Sachübernahme» abgeschafft werden.

Aktienkapital

Das Prinzip der Mindesteinlage von CHF 100 000.– bleibt bestehen. Allerdings soll der Gesellschaft neu die Möglichkeit offenstehen, mittels eines sogenannten «Kapitalbandes» das Aktienkapital zu verändern: Die Generalversammlung ermächtigt den Verwaltungsrat, innerhalb eines definierten Zeitrahmens das Aktienkapital bis zu einem festgelegten Höchst- resp. Mindestbetrag zu erhöhen oder herabzusetzen. Mit dieser in den Statuten der Gesellschaft zwingend aufzunehmenden Regelung eröffnet sich dem Verwaltungsrat ein finanzieller Handlungsspielraum ausserhalb der heute geltenden rigiden Bestimmungen hinsichtlich der (genehmigten) Kapitalerhöhung bzw. Kapitalherabsetzung. Voraussetzung für die Einführung des Kapitalbandes, das zur Kapitalherabsetzung ermächtigt, sind der Gläubigerruf (aus Gründen des Gläubigerschutzes) und das Vorliegen einer Prüfungsbestätigung eines zugelassenen Revisors. Weiteres Gültigkeitserfordernis ist die (mindestens) eingeschränkte Prüfung der Jahresrechnung.

Neu besteht für in der Schweiz domizilierte Gesellschaften, die ihre Geschäftstätigkeit vornehmlich in einer ausländischen Währung abwickeln, die Möglichkeit, ihre Buchführung in einer Fremdwährung vorzunehmen. Die Botschaft sieht vor, dass solche Gesellschaften ihr Aktienkapital ebenfalls in dieser Währung angeben. In jedem Fall gelten aber für die Bestimmungen nach Art. 671 OR (Reserven) und Art. 725 OR (Kapitalverlust und Überschuldung) die Werte in Schweizer Franken als Basis.

Art. 622 Abs. 4 OR besagt, dass der Nennwert einer Aktie mindestens einen Rappen betragen muss. Gemäss der vom Bundesrat vorgelegten Botschaft muss der Nennwert neu nur noch positiv, also grösser als Null sein. Diese Vereinfachung hat den entscheidenden Vorteil, dass Kapitalherabsetzungen mit Nennwertreduktionen vereinfacht werden.

Gewaltenteilung Generalversammlung/Verwaltungsrat

Das Prinzip der expliziten Aufteilung der Befugnisse von Generalversammlung und Verwaltungsrat wurde entgegen der im ersten Vorentwurf enthaltenen Regelung (Beschlüsse des Verwaltungsrats sollten der Genehmigung der Generalversammlung unterliegen) beibehalten. Somit bleibt das für das Schweizerische Aktienrecht typische und bewährte System der Gewaltenteilung erhalten.

Generalversammlung

Hinsichtlich der Ausübung der persönlichen Mitgliedschaftsrechte sieht die Botschaft einen neuen Schwellenwert für die Einberufung einer Generalversammlung vor. Bis anhin stand dieses Recht gemäss Art. 699 Abs. 3 OR einem oder mehreren Aktionären zu, die zusammen mindestens 10% des Aktienkapitals vertreten. Künftig soll dieses Recht – bei börsenkotierten Gesellschaften – bereits Aktionären zustehen, die 5% des Aktienkapitals vertreten. Bei nicht kotierten Gesellschaften sollen Aktionäre, die mindestens 5% des Aktienkapitals vertreten, die Traktandierung eines Verhandlungsgegenstands samt Antrag verlangen können. Bisher verlangt das Gesetz dafür die Vertretung von Aktien im Nennwert von mindestens einer Million Franken (Art. 699 Abs. 3, 2. Satz OR).

Für die Stimmrechtsvertretung von Aktionären an der Generalversammlung sieht der Entwurf vor, dass die Organvertretung abgeschafft wird, während der Depotvertreter bei nicht kotierten Gesellschaften als Vertreter vorgesehen ist. Statutarische Bestimmungen, die eine Vertretung des Aktionärs ausschliesslich durch einen Mitaktionär zulassen, behalten ihre Gültigkeit. In jedem Fall muss sich der Vertreter der Stimme enthalten, wenn er vom Aktionär keine Weisungen erhalten hat.

Bezüglich der Beschlussfassung gilt nicht mehr das Prinzip der absoluten Mehrheit der vertretenen Aktienstimmen gemäss Art. 703 OR; neu entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Somit fallen bei der Beschlussfassung und bei Wahlen die Enthaltungen nicht mehr als Neinstimmen ins Gewicht.

Verwaltungsrat

Wie bis anhin können nur natürliche Personen als Verwaltungsrat gewählt werden. Die im Gesetz verankerte Amtsdauer (vorbehältlich anderslautender statutarischer Bestimmungen) von drei Jahren bzw. maximal sechs Jahren wird neu auf höchstens vier Jahre festgelegt. Auch die Wiederwahl der Mitglieder des Verwaltungsrats sowie die Selbstkonstituierung des Verwaltungsrats, insbesondere die Wahl des Präsidenten durch den Verwaltungsrat, bleiben weiterhin möglich.

Der Verwaltungsrat kann, sofern er dafür durch eine entsprechende statutarische Bestimmung ermächtigt ist, die Geschäftsführung auch nach neuem Recht ganz oder teilweise auf einzelne seiner Mitglieder oder auf Dritte übertragen. Voraussetzung bildet hier jedoch die Verabschiedung eines Organisationsreglements, welches neu einen zwingenden Mindestinhalt enthalten muss.

Fazit

Die vom Bundesrat vorgelegte Botschaft beinhaltet für nicht börsenkotierte Gesellschaften im Wesentlichen eine flexiblere Ausgestaltung der Gründungs- und Kapitalvorschriften. Ferner soll für solche Gesellschaften die sogenannte Corporate Governance durch Stärkung der Aktionärsrechte und Erhöhung der Transparenz von gesellschaftsinternen Vorgängen verbessert werden.

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