Due Diligence beim Grundstückskauf
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Privatrecht

Due Diligence beim Grundstückskauf

Unter dem Titel «Eigentumsgarantie» gewährleistet die Bundesverfassung das Eigentum. Zahlreiche Auflagen schränken die einstige Eigentumsfreiheit derart ein, dass namentlich der Erwerb von Grundeigentum immer aufwendigere und je nach Lage und Beschaffenheit der Liegenschaft mehr oder weniger breit gefächerte Abklärungen erfordert. Eine Due Diligence Prüfung – Neudeutsch für eine Prüfung mit der «gebotenen Sorgfalt» – umfasst heute eine Vielzahl von Parametern. Nachfolgend stehen vor allem die zivil- und öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen im Fokus. Einige davon sind ausgesprochen heimtückisch.

Nicht überbaute Grundstücke

Die massgebenden Daten für eine Beurteilung der zivilrechtlichen Verhältnisse finden sich im eidgenössischen Grundbuch. Hier interessieren namentlich die auf dem Grundstück eingetragenen Lasten wie Dienstbarkeiten und Pfandrechte. Dienstbarkeiten verursachen zuweilen Beschränkungen der Überbaubarkeit oder der zugelassenen Nutzungsart einer Parzelle, zum Beispiel in Form von Höhenbeschränkungen oder Gewerbeverboten. Beschränkungen dieser Art gehen der öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung vor, so dass zur Abklärung der Realisierbarkeit von Nutzungsabsichten neben der baurechtlichen Grundordnung auch das Grundbuch konsultiert werden muss. Je nach Lage der Parzelle sind neben den Lasten selbstredend auch die eingetragenen Rechte von Bedeutung, so zum Beispiel Wegrechte (Zufahrt), Durchleitungsrechte oder Rechte, die anderen Grundeigentümern Bau- oder Nutzungsbeschränkungen auferlegen. Bei den Schuldbriefen interessiert neben deren Anzahl und der Höhe der Pfandsumme auch die Verfügbarkeit der Titel. Diese Information ergibt sich allerdings nicht zuverlässig aus dem Grundbuch. Hierzu bedarf es der Angaben des Eigentümers und gegebenenfalls des Gläubigers. Schliesslich kann die «Person des Eigentümers» von Interesse sein, beispielsweise bei Personengemeinschaften (Erbengemeinschaft).

Zurzeit erstellen die Kantone einen Kataster der öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen (ÖREB-Kataster). Dessen Inhalt gilt von Gesetzes wegen als bekannt; vollständig wird er indessen nie sein. Der Kataster entfaltet deshalb keine Ausschlusswirkung. Im Kanton Bern werden die Daten der meisten Gemeinden bereits im ÖREB-Kataster geführt, jedoch ohne die Angaben der Ortsplanung. Die Konsultation der baurechtlichen Grundordnung (Baureglement, Nutzungspläne, Alignementspläne, Schutzpläne etc.) gehört daher zum Pflichtumfang einer sorgfältigen Prüfung – heute sowieso, wegen der fehlenden Ausschlusswirkung des ÖREB-Katasters aber auch in Zukunft. Dabei sind über die gültigen Pläne hinaus auch die laufenden Planerlassverfahren zu konsultieren.

Besonders heimtückisch können denkmalpflegerische Auflagen sein. Der Erwerb einer nicht überbauten Parzelle ist nicht gleichbedeutend mit Freiheit in der Gestaltung der Planung einer Neuüberbauung. Wurde vor der Handänderung ein im Bauinventar aufgeführtes Gebäude abgebrochen, hat auch ein Neubau denkmalpflegerischen Ansprüchen zu genügen. Solche Auflagen sind weder konkret festgehalten noch konkret ausformuliert noch müssen sie ausdrücklich übertragen werden. Einen Hinweis auf Auflagen dieser Art gibt einzig ein Blick in das Bauinventar. Gegebenenfalls ist die Abbruchbewilligung beizuziehen.

Weitere Beispiele heimtückischer Fallen finden sich im Zusammenhang mit der Erschliessung. Ist zum Beispiel in einem Gebiet die Versickerung nach Gewässerschutzgesetz vorgeschrieben, bedeutet dies nicht, dass die Versickerung von Oberflächenwasser auch tatsächlich möglich ist. Unter Umständen entstehen einem Bauherrn erhebliche Kosten, weil sich die Versickerung als nicht durchführbar erweist und nachträglich eine Einleitung zwecks Entwässerung nötig wird, was wiederum Anschlussgebühren auslöst. Der Versuch einer Überwälzung der Kosten auf Dritte, insbesondere auf die Gemeinde, scheitert jedoch.

Unter Umständen sieht sich ein Erwerber von Grundeigentum mit Forderungen der Gemeinde konfrontiert, welche aus einem mit dem Rechtsvorgänger abgeschlossenen Erschliessungsvertrag resultieren. Dass die Pflichten daraus nicht auf den Rechtsnachfolger übertragen wurden, bietet keine Gewähr, solche nicht dennoch übernehmen zu müssen. Die Offenlegung abgeschlossener Verträge ist daher unabdingbar, setzt jedoch die Mitwirkung des Verkäufers in der Abwicklung nach Treu und Glauben voraus.

Als Quelle nützlicher Informationen seien noch der Altlastenkataster und die Karte der Naturgefahren erwähnt. Bei grenznahen Liegenschaften ist ausserdem dem Aufbau der Schweiz als Bundesstaat Rechnung zu tragen. Die für den benachbarten Grund geltende Regelung (von Bund oder Nachbarkanton) ist je nachdem ebenfalls zu prüfen.

Überbaute Grundstücke

Bei bestehenden Gebäuden ist eventuell zusätzlich die rechtliche Ausgestaltung des Eigentums (Stockwerkeigentum, Miteigentum) zu prüfen. Nutzungsbeschränkungen finden sich auch in den Reglementen der Stockwerk- oder Miteigentümergemeinschaften. Ein Hindernis kann ferner in der Verbindung einer Stockwerkeinheit mit einem Miteigentumsanteil liegen: Ein Einstellhallenplatz in einer Wohnüberbauung ist unter Umständen mit einer Stockwerkeinheit derart verbunden, dass ein Tausch des Platzes mit einem anderen Eigentümer der Mitwirkung aller Stockwerkeigentümer bedarf. Sodann müssen Mietverträge bezüglich ihrer Konditionen, Laufzeit und Kündigungsmöglichkeit geprüft werden.

Schliesslich spielen steuerrechtliche Fragen häufig eine wesentliche Rolle, nicht nur – aber auch – in Bezug auf die Mehrwertsteuer. In diesen Zusammenhang gehört ebenfalls die Sicherstellung der Grundstückgewinnsteuer des Verkäufers mittels Pfandrecht auf der Liegenschaft.

Besonderes

Zusätzlicher Abklärungsbedarf entsteht beim Kauf einer Liegenschaft ausserhalb der Bauzone. Die Stichworte dazu sind: Standortgebundenheit der Nutzung; Bestandesgarantie bei zeitgemässer Erneuerung; Besonderheiten des bäuerlichen Bodenrechts mit Abparzellierungsverbot, Vorkaufsrechten etc.

Ausklammern, aber nicht unerwähnt lassen, wollen wir an dieser Stelle alle baulichen Aspekte sowie kritische Fragen der Vertragsgestaltung beim Abschluss eines Kauf- und Werkvertrags. Diese bedürfen einer separaten Kommentierung, welche den Rahmen des vorliegenden Beitrags sprengt.

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