Aufbewahrungspflicht für Dokumente
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Privatrecht

Aufbewahrungspflicht für Dokumente

Erläuterungen und Empfehlungen zur Aufbewahrung von Dokumenten (Urkunden), insbesondere auch in Bezug auf die steuerliche Behandlung von Immobilien.

Dokumente als Beweismittel

Gemäss der Beweisregel in Art. 8 ZGB hat, wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet (Beweislast). Zulässige Beweismittel sind – unter anderem – Urkunden; handelt es sich um eine öffentliche (notarielle) Urkunde, erbringt diese für die durch sie bezeug­ten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhalts nachgewiesen ist (so Art. 168 ZPO). Im Streitfall gehören Urkunden zu den wichtigsten Beweismitteln. Die sorgfältige Aufbewahrung von Dokumenten ist sowohl für Private als auch für Unternehmen ein wichtiger Teil des Risikomanagements und dient mithin der Schadenverhinderung oder zumindest -minderung

In der Regel können Urkunden bei den Behörden als Kopie eingereicht werden. Die Behörde oder eine Partei kann jedoch die Einreichung des Originals oder einer amtlich beglaubigten Kopie verlangen, wenn begründete Zweifel an der Echtheit bestehen (so Art. 180 ZPO). Es lohnt sich somit, Dokumente vorsichtshalber immer auch im Original aufzubewahren.

Im Steuerrecht gilt gemäss der allgemeinen Regel über die Verteilung der objektiven Beweislast, dass die Veranlagungs­behörde die Beweislast für steuerbegründende und steuer­mehrende Tatsachen trägt, die steuerpflichtige Person jene für Tatsachen, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben.[1]

Aufbewahrung durch Private

Gesetzlich sind Privatpersonen grundsätzlich nicht verpflichtet, irgendwelche Dokumente aufzubewahren.

Dokumente sollten jedoch immer so lange aufbewahrt werden, wie sie für Beweiszwecke nützlich sein können (z.B. Verträge, Abrechnungen, Quittungen, Garantien, Steuerakten). Vor Ablauf der einschlägigen Verjährungs-/Verwirkungsfristen bzw. während oder bei Gefahr eines Rechtsstreits dürfen sie nicht entsorgt werden.

Zu beachten sind insbesondere die Verjährungsfristen in Art. 127/128 OR – zum Beispiel 5 Jahre für Forderungen aus Miete, Darlehen, Handwerksarbeit, Arbeitsverhältnis sowie Berufsarbeiten von Anwälten und Notaren bzw. 10 Jahre für alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt – sowie die übrigen gesetzlichen Verjährungs-/Verwirkungsfristen.

Eine zeitlich unbegrenzte Aufbewahrung ist geboten für Dokumente im Zusammenhang mit Sozial-und Privatversicherungen, Schenkungen und Erbschaften, sowie für Steuerunterlagen und Vermögens-/Kontonachweise, im Hinblick auf eine allfällige spätere güter-und/oder erb-rechtliche Auseinandersetzung (bei Tod oder Scheidung).

Aufbewahrung durch Unternehmen

Für Unternehmen gemäss Art. 957 OR besteht eine sich aus dem Rechnungslegungsrecht (Art. 957ff OR) ergebende Aufbewahrungspflicht für Geschäftsunterlagen. Betreffend Führung und Aufbewahrung von Geschäftsbüchern schreibt Art. 958 lit. f OR vor, dass die Geschäftsbücher und die Buchungsbelege sowie der Geschäftsbericht und der Revisionsbericht während zehn Jahren aufzubewahren sind, wobei die Aufbewahrungsfrist mit dem Ablauf des Geschäfts­jahres zu laufen beginnt. Der Geschäftsbericht und der Revisionsbericht sind schriftlich und unterzeichnet aufzubewahren. Die Geschäftsbücher und die Buchungsbelege können auf Papier, elektronisch oder in vergleichbarer Weise aufbewahrt werden, sofern die Übereinstimmung mit den zugrunde liegenden Geschäftsvorfällen und Sachverhalten gewährleistet ist und sie jederzeit wieder lesbar gemacht werden können.

Art. 5 GeBüV schreibt vor, dass die Geschäftsbücher und die Buchungsbelege sorgfältig, geordnet und vor schädlichen Einwirkungen geschützt aufzubewahren sind. Als aufzube­wahrende Buchungsbelege gelten alle schriftlichen Aufzeich­nungen auf Papier oder in elektronischer oder vergleichbarer Form, die notwendig sind, um den einer Buchung zugrunde liegenden Geschäftsvorfall oder Sachverhalt nachvollziehen zu können. Auch Private tun gut daran, sich bei der Aufbewahrung von Dokumenten zu ihrem eigenen Vorteil an diese Vorgaben zu halten.

Mindestens 10 Jahre aufzubewahren sind insbesondere auch Geschäftskorrespondenz, Verträge, Personal-, Sozialversicherungs-und Lohnakten. Während 20 Jahren aufzubewahren sind Geschäftsunterlagen im Zusammenhang mit unbeweglichen Gegenständen wie Immobilien.

Eine ergänzende bzw. länger dauernde Aufbewahrungs-pflicht kann sich aufgrund spezialgesetzlicher Vorschriften ergeben, insbesondere aus der Steuergesetzgebung (z.B. MWSTG bzw. längere Veranlagungs-und Bezugsverjährung). Aufzubewahren sind sämtliche Dokumente, welche die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben für die Steuern beweisen.[2]

Aufbewahrung von Immobilien-Dokumenten

Bekanntlich können bei der Einkommenssteuer werterhaltende Aufwendungen für Immobilien vom Einkommen abgezogen werden, während bei der Grundstückgewinn-steuer die wertvermehrenden Aufwendungen vom Erlös abgezogen werden können.

Im Hinblick auf den allfälligen Verkauf einer Immobilie empfiehlt es sich deshalb, sämtliche Dokumente, mit welchen wertvermehrende Aufwendungen nachgewiesen werden können (oder deren Abgrenzung zu werterhaltenden Auf-wendungen), mindestens bis zur Veräusserung bzw. bis zum Eintritt der Rechtskraft der Grundstückgewinnsteuer-Veranlagung aufzubewahren, um der Veranlagungsbehörde auch noch nach Jahren die geforderten Nachweise vorlegen zu können.

Dokumentierung von Gesamtsanierungen

Bei Um-oder Ausbauten, die wirtschaftlich einem Neubau gleichkommen, hat die Steuerverwaltung bis vor kurzem den Abzug von Unterhaltskosten abgelehnt. Die gesamten Kosten wurden als wertvermehrende Aufwendungen betrachtet.

Ob eine Gesamtsanierung als wirtschaftlicher Neubau zu qualifizieren ist, hat in der Vergangenheit immer wieder zu Diskussionen Anlass gegeben. Mangels griffiger Kriterien für eine eindeutige Beurteilung wird in der Praxis neu auf eine entsprechende Qualifikation verzichtet. Stattdessen wird bei weitgehenden Sanierungen – z.B. bei verdichtetem Bauen in bestehenden Siedlungsgebieten – geprüft, ob und in welchem Umfang die ausgeführten Arbeiten dem Erhalt des bestehenden Gebäudes dienen. Der Nachweis der entspre­chenden Kosten und die Abgrenzung derselben obliegt der steuerpflichtigen Person.[3]

Damit die steuerpflichtige Person den geforderten Nachweis erbringen kann, sind Bauvorhaben laufend detailliert zu dokumentieren und geeignete Beweismittel sicherzustellen. Insbesondere beweisdienliche Dokumente müssen systematisch aufbewahrt werden. Baubeschriebe, alle weiteren Baudokumente sowie Rechnungen sind daraufhin zu kontrollieren, dass sie genügend detailliert sind, damit die Aufteilung und Zuweisung von Kostenanteilen gewährleistet ist (hinsichtlich Unterscheidung von werterhaltenden und wertvermehrenden Aufwendungen). Alle Unterlagen sind bis zum Vorliegen einer diesbezüglichen rechtskräftigen Einkommenssteuer-und/oder Grundstückgewinnsteuer-Veranlagung aufzubewahren.

Fussnoten

  1. Martin Zweifel in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2b, Art. 130 DGB, N. 27f.

  2. Martin Zweifel in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2b, Art. 126 DGB, N. 43.

  3. www.taxinfo.sv.fin.be.ch > Themen > 2. Einkommens- und Vermögenssteuern > Artikel 36 StG > Ersatz von Gebäudeteilen als Unterhalt bzw. Urteil 2C_153/2014 des Bundesgerichts vom 4. September 2014.

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