Gerichtliche Verbote und deren Bedeutung
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Privatrecht

Gerichtliche Verbote und deren Bedeutung

Sie kennen dieses Bild: Auf einem privaten Vorplatz eines rege besuchten Restaurants ist eine grosse Parkverbotstafel angeschlagen. Darunter befinden sich ein Blechschild mit der Aufschrift "Gerichtliches Verbot" und viel Kleingedrucktem. Der nachfolgende Artikel gibt Aufschluss über die Bedeutung und Wirkung von solchen gerichtlichen Verboten.

Wie kommt es zu einem gerichtlichen Verbot?

Eigentümer und andere dinglich Berechtigte (nicht aber Mieter) können ihr Grundeigentum mit gerichtlichen Verboten vor Störungen schützen. Es handelt sich um einen sogenannten "präventiven Besitzesschutz", welcher sich gegen eine unbestimmte Anzahl von möglichen Störern richtet.[1]

Gerichtliche Verbote sind heute schweizweit einheitlich geregelt.[2] Wer beispielsweise seinen Vorplatz oder einen privaten Parkplatz vor unbefugter Störung (hier: unbefugtes Parkieren) schützen will, kann beim zuständigen Zivilgericht ein gerichtliches Verbot beantragen. Das Verbot muss in der Folge öffentlich bekannt gemacht und vor Ort an gut sichtbarer Stelle angeschlagen werden. Wer das Verbot nicht anerkennen will, kann innert 30 Tagen gegen das Verbot Einsprache erheben, womit das Verbot gegenüber dem Einsprechenden unwirksam wird. Will der Verbotsnehmer das Verbot auch gegenüber dem Einsprechenden durchsetzen, muss er Klage gegen diesen erheben.

Verbote auf öffentlichen Strassen oder Verkehrsflächen im Gemeingebrauch können nicht mittels gerichtlichen Verbots geregelt werden. Für solche Verbote oder Verkehrsbeschränkungen sind öffentlich-rechtliche Verfahren vorgesehen.[3]

Bei der Formulierung des Verbotstexts ist der Verbotsnehmer relativ frei. Von einem generellen Parkverbot bis zu einem Verbot für bestimmte Fahrzeugkategorien oder eingeschränkte Parkzeiten ist vieles möglich. Das Kleingedruckte auf den Verbotstafeln gibt hierüber Aufschluss.

Was gilt bei Verstössen gegen gerichtliche Verbote?

Wer gegen das gerichtliche Verbot verstösst, wird auf Antrag des Berechtigten mit einer Busse bis zu CHF 2'000.00 bestraft.[4] Die Ausschöpfung des Bussenrahmens ist für ausserordentliche Fälle vorbehalten. In der Regel liegt die Busse im Bereich üblicher Ordnungsbussen, d.h. zwischen CHF 40.00 und CHF 100.00[5] zuzüglich Verfahrenskosten.

Verstösse gegen gerichtliche Verbote sind Antragsdelikte. Auch altrechtliche gerichtliche Verbote, welche noch als Offizialdelikt ausgestaltet sind, gelten heute gestützt auf die eidgenössische Zivilprozessordnung als Antragsdelikte.[6] Die Strafverfolgungsbehörden dürfen daher nur auf Antrag des Verbotsnehmers und nicht von Amtes wegen tätig werden und Bussen verfügen.

Ist der Straftatbestand des gerichtlichen Verbots erfüllt, erlässt die zuständige Staatsanwaltschaft in der Regel einen Strafbefehl über die Busse und die zusätzlich zu tragenden Verfahrenskosten.

Wie wehrt man sich gegen ungerechtfertigte Bussen?

Bussen können aus verschiedenen Gründen ungerechtfertigt sein. So kann beispielsweise der Strafantrag unwirksam sein, weil er nicht vom Berechtigten stammt oder nach Ablauf der Antragsfrist von drei Monaten[7] gestellt wurde. Möglich ist auch, dass anstelle des fehlbaren Fahrzeugführers fälschlicherweise der gestützt auf das Fahrzeugkennzeichen ermittelte Fahrzeughalter ins Recht gefasst wird.[8]

Will man sich gegen einen ungerechtfertigten Strafbefehl zur Wehr setzen, ist innert 10 Tagen ab Zugang des Strafbefehls Einsprache zu erheben.[9] Es wird empfohlen, die Einsprache zu begründen. Wird keine Einsprache erhoben, wird der Strafbefehl zum rechtskräftigen Urteil.[10] Die zuständige Staatsanwaltschaft entscheidet anschliessend darüber, ob am Strafbefehl festgehalten wird oder nicht. Im letzteren Fall muss das zuständige Strafgericht entscheiden.

Muss man "Privatbussen" bezahlen?

Parkplätze werden regelmässig von privaten Bewachungsunternehmen kontrolliert. Stellen diese einen Verbotsverstoss fest, wird der Parksünder nicht selten schriftlich auf den Verstoss aufmerksam gemacht, verbunden mit der Aufforderung, eine Umtriebsentschädigung zu leisten, dies gegen Verzicht des Verbotsnehmers auf eine Strafanzeige. Dies wird von den Fahrzeuglenkern häufig als ungerechtfertigte "Privatbusse" empfunden.

Die Rechtsprechung qualifizierte ein solches Vorgehen aber als rechtmässig. Dem Berechtigten entstehen infolge der Verbotswiderhandlung Kosten, welche zivilrechtlich zu erstatten sind. Pauschalisierte "Umtriebsentschädigungen" bis CHF 52.00 wurden bundesgerichtlich noch als angemessen qualifiziert.[11]

Der Parksünder kann selbst entscheiden, ob er die Umtriebsentschädigung zahlen oder aber eine Strafanzeige mit regelmässig höheren Kostenfolgen riskieren will.

Fazit

Gerichtliche Verbote werfen in der Praxis sowohl auf Seiten des Verbotsnehmers als auch des Verbotsadressaten immer wieder Fragen auf. Einige Punkte konnten vorstehend geklärt werden. Gerichtliche Verbote sind in jedem Fall ernst zu nehmen. In komplizierten oder strittigen Fällen wird empfohlen, juristischen Rat beizuziehen.

Dieser Artikel wurde erstmals im Clubmagazin des ACS Sektion Bern Ausgabe 04/2019 veröffentlicht.

Fussnoten

  1. BSK ZPO-Tenchio/Tenchio, N. 2 zu Art. 258 ZPO.

  2. Art. 258 ff. ZPO.

  3. BSK ZPO-Tenchio/Tenchio, N. 16 zu Art. 258 ZPO.

  4. Art. 258 Abs. 1 ZPO; vorbehalten bleiben altrechtliche Verbote mit tieferen Bussenrahmen.

  5. Art. 3 Abs. 1 OBG i.V.m. Art. 1 OBV, Anhang 1 Ziff. 200 ff.

  6. BSK ZPO-Tenchio/Tenchio, N. 24a zu Art. 258 ZPO mit Hinweisen auf kantonale Urteile; a.M. BK-Güngerich, N. 24 zu Art. 252.

  7. Art. 31 StGB.

  8. Beim gerichtlichen Verbot besteht grundsätzlich keine "Halterhaftung" für Bussen wie in Art. 6 Abs. 1 OBG; BSK ZPO-Tenchio/Tenchio, N. 24a zu Art. 258 ZPO.

  9. Art. 354 Abs. 1 StPO.

  10. Art. 354 Abs. 3 StPO.

  11. BGer 6S.77/2003 vom 6. Januar 2004, E. 4.4; BGer 6B_192/2014 vom 13. November 2014, E. 4.2.

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