Angetrunken Fahrradfahren, kein Problem?
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Strafrecht

Angetrunken Fahrradfahren, kein Problem?

Vermehrt verzichten Autofahrer aufgrund der drohenden Strafen und Massnahmen auf das Fahren eines Motorfahrzeuges, nachdem sie Alkohol getrunken haben und fahren stattdessen mit dem Fahrrad nach Hause. "Don't drink and drive" scheint für das Fahrradfahren nicht zu gelten. Stimmt das eigentlich?

Konsequenzen beim Fahren von Motorfahrzeugen im angetrunkenen Zustand

Beim Fahren von Motorfahrzeugen im angetrunkenen Zustand unterscheidet man zwischen einerseits angetrunkenem Zustand und andererseits angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration. Angetrunkener Zustand wird bei einer Blutalkoholkonzentration von 0.5 bis 0.79 Gewichtspromille oder einer Atemalkoholkonzentration von 0.25 mg bis 0.39 mg Alkohol angenommen. Qualifizierter angetrunkener Zustand liegt bei einer Blutalkoholkonzentration ab 0.8 Gewichtspromille oder einer Atemalkoholkonzentration ab 0.4 mg Alkohol pro Liter Atemluft vor.

Wer in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt, wird mit einer Busse bestraft.[1] Wer in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.[2]

Weiter ist beim Fahren von Motorfahrzeugen in angetrunkenem Zustand, falls keine weitere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften vorliegt, mit einer Verwarnung zu rechnen.[3] Falls zusätzlich zum angetrunkenen Zustand eine leichte Widerhandlung (z.B. Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 bis 30 km/h auf der Autobahn) gegen die Strassenverkehrsvorschriften begangen wurde, wird der Ausweis mindestens ein Monat[4] entzogen. Liegt jedoch eine qualifizierte Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration vor, wird der Führerausweis – auch wenn zusätzlich keine weitere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften begangen wurde – mindestens drei Monaten entzogen.[5]

Bestehen aufgrund des festgestellten Alkohols Zweifel an der Fahreignung einer Person, so muss sich diese einer verkehrsmedizinischen Fahreignungsuntersuchung unterziehen, um festzustellen, ob eine Alkoholabhängigkeit besteht, welche sich auf das Fahren von Motorfahrzeugen auswirken kann und deshalb eine Gefahr für den Verkehr darstellt. Dies ist insbesondere beim Fahren von Motorfahrzeugen in angetrunkenem Zustand bei einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1.6 Gewichtspromille oder mit einer Atemalkoholkonzentration von mindestens 0.8 mg Alkohol pro Liter Atemluft der Fall.[6] Bei einer verkehrsmedizinischenFahreignungsabklärung wird die Höhe und Regelmässigkeit des Alkoholkonsums mittels Haarprobe ermittelt und oft die Einhaltung einer Alkohol- und gegebenenfalls Drogenabstinenz von mindestens sechs Monaten verfügt, welche mittels Haarproben überprüft wird. Wird eine Alkoholabhängigkeit festgestellt, welche sich auf das Fahren von Motorfahrzeugen auswirken kann, wird der Führerausweis für unbestimmte Zeit entzogen.

Weiter kann bei Zweifel an der Fahrkompetenz einer Person, eine Kontrollfahrt, eine Theorieprüfung, eine praktische Führerprüfung oder eine andern geeignete Massnahme wie eine Aus- oder Weiterbildung oder eine Nachschulung angeordnet werden.[7]

Bestehen ernsthafte Zweifel an der Fahreignung einer Person, kann der Lernfahr- oder der Führerausweis bis zur Abklärung der Fahreignung vorsorglich entzogen werden, also bereits vor der eigentlichen Fahreignungsabklärung.[8]

Konsequenzen beim Fahren eines motorlosen Fahrzeuges in fahrunfähigem Zustand

Beim Fahren eines Fahrrades in angetrunkenem Zustand wird keine Abstufung zwischen angetrunkenem Zustand und angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration gemacht, wie dies beim Fahren von Motorfahrzeugen der Fall ist.

Strafbar ist und mit einer Busse bestraft werden kann, wer ein Fahrrad mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0.5 Gewichtspromille oder einer Atemalkoholkonzentration von mindestens 0.25 mg Alkohol fährt.[9] In einem ersten Fall beträgt die Busse im Kanton Bern grundsätzlich CHF 200.00.[10] Bei wiederholtem Fahren in angetrunkenem Zustand oder wenn die Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration hoch ist, kann die Busse höher ausfallen.

Zusätzlich kann der Wohnsitzkanton einem Radfahrer, der in angetrunkenem Zustand gefahren ist, das Radfahren verbieten. Die Mindestdauer des Fahrverbotes beträgt ein Monat.[11] Das Autofahren bleibt aber grundsätzlich erlaubt. Die Praxis zeigt, dass bei einem niedrigen angetrunkenen Zustand noch kein Fahrverbot, sondern eine Verwarnung ausgesprochen wird. Bei Radfahrenden, über deren Eignung Bedenken bestehen, kann eine theoretische und / oder praktische Fahrprüfung angeordnet werden.[12] Besteht die betroffene Person die Prüfung nicht, kann ein Radfahrverbot ausgesprochen werden.

Verschieden gehandhabt wird, wann bei Fahrradfahrern ab einer bestimmten Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration der Verdacht auf fehlende Fahreignung auch für Motorfahrzeuge besteht und deshalb eine verkehrsmedizinische Fahreignungsabklärung anzuordnen ist. Weissenberger hält es als denkbar, den Mindestwert von 1.6 Promille analog auf die Fahrradfahrer anzuwenden, hält dies aber angesichts des geringeren geschaffenen Risikos als zu streng und tendiert zu einem Wert von 2.5 Promille.[13] Wenn jemand bei einem Wert von 2.5 Promille noch Fahrrad fahren kann, deutet dies auf eine Alkoholabhängigkeit hin, welche sich auch auf die Eignung Motorfahrzeuge zu lenken, auswirken kann. Es gibt aber Fälle, wo bereits bei 1.6 Promille eine Fahreignungsuntersuchung angeordnet wurde.

Wer also angetrunken Fahrrad fährt und dabei erwischt wird, riskiert eine Busse. Wer stark betrunken Fahrrad fährt, riskiert eine Abklärung der Fahreignung, welche u.U. auch zu einem Führerausweisentzug für Motorfahrzeuge führen kann.

Fazit

An den Grundsatz "Don't drink and drive" sollte man sich sowohl beim Fahren eines Motorfahrzeuges wie auch eines Fahrrades halten. Dies nicht nur wegen den drohenden Strafen und Administrativmassnahmen, sondern vielmehr um sich und andere nicht zu gefährden.

Dieser Artikel wurde erstmals im Clubmagazin des ACS Sektion Bern Ausgabe 06/2019 veröffentlicht


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