Mietzinsgestaltung
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Privatrecht

Mietzinsgestaltung

1. Mietzinsgestaltung beim Abschluss des Mietvertrages

In der Regel gestaltet sich die Gestaltung des Mietzinses in Liegenschaften, welche seit langem vermietet sind, recht einfach. Wenn ein Mieterwechsel stattfindet, wird in etwa derjenige Mietzins weitergegeben, welcher bereits der vorgehende Mieter bezahlt hatte. Dies vor allem dann, wenn kein Wechsel der Verwaltung stattgefunden hat, die Wohnung oder der Geschäftsraum keine Umbauten oder wertvermehrende Investitionen erfahren hat oder der Mieter ausserterminlich auszieht und einen valablen Nachmieter vorgeschlagen hat, mit welchem dann der Vertrag abgeschlossen wird.

Schwieriger wird es aber, wenn es um die erstmalige Vermietung einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes geht, oder wenn ein Neubau zum ersten Mal vermietet werden soll. Dann braucht es eine Berechnung, welcher Mietzins pro Objekt verlangt werden kann oder muss. Die Verwaltung hat dabei die Aufgabe, dem Auftraggeber und Eigentümer mittels anerkannter Berechnungen zu zeigen, welcher Mietzins als angemessen erscheint und welcher nicht.

Nach Elmar Gratz, Mietzinsgestaltung, Schweiz. Hauseigentümerverband, Zürich 1995 ist nach folgendem zu fragen: 

  • Ist der Mietzins kostendeckend? (Betriebswirtschaftlicher Ansatz)
  • Ist der Mietzins marktgerecht? (Volkswirtschaftlicher Ansatz)
  • Ist der Mietzins rechtlich zulässig? (Rechtliche Leitplanken)

 Ich möchte mit dem vorliegenden Vortrag nicht die betriebs- und volks-wirtschaftlichen Ansätze in den Vordergrund stellen, sondern die rechtlichen Leitplanken zeigen, welche die Mietzinsgestaltung im wesentlichen prägen. Ziel ist es gerade nicht, die Berechnung einer kostendeckenden Nettorendite oder Bruttorendite zu zeigen, das gehört zum normalen Rüstzeug eines Liegen-schaftsverwalters.

Der Mieter kann einen übersetzten Mietzins bereits nach Abschluss des Mietvertrages anfechten (sogenannten Anfangsmietzins-Anfechtung nach OR Art. 270). Deshalb ist es auch wichtig, dass man den Mietzins nicht einfach ohne jegliche Berechnungen frei festsetzt. Die Bedeutung der Anfangsmietzins-anfechtung ist aber gering. In der Stadt Bern gibt es ca. 30 bis 60 Fälle pro Jahr. Daher kann dieses Institut eher als «Totgeburt» bezeichnet werden, weshalb ich hier auf die Behandlung derselben verzichten möchte.

Bei der Mietzinsfestlegung spielen in der Praxis verschiedene Faktoren eine wichtige Rolle, wie etwa: 

  • Ausbaustandard, Lage, Beschaffenheit, Grösse des Mietobjektes (bestimmt die grundsätzliche Nachfrage bei den potentiellen Mietern).
  • Die Berechnungsgrundlagen (Landpreis, Anlagekosten, Betriebskosten, Eigenkapitalanteil, Fremdkapitalkosten, etc.).
  • Aber auch bei bereits älteren Liegenschaften ist es nötig, die Anlagekosten etc. zu kennen, damit man über die Ermittlung der kostendeckenden Nettorendite berechnen kann, welcher Mietzins aufgrund der Missbrauchs-gesetzgebung gerade noch nicht als missbräuchlich im sinne von OR Art. 269 bezeichnet werden kann.
  • Nicht zuletzt entscheidet über die Höhe des Mietzinses auch der Markt: dies setzt fundierte Kenntnisse des interessierenden Marktes voraus, d.h. welcher Mietzins gestattet eine möglichst 100%-tige Vermietung einer Liegenschaft ohne grosse Streitigkeiten mit den Mietern. Naturgemäss haben es hier grosse Liegenschaftsverwaltungen wie die Dr. Meyer Verwaltungen AG weitaus einfacher, weil sie aus einem reichen Fundus von Vergleichsobjekten schöpfen können. 

Vielfach ist es aufgrund von fehlenden Unterlagen seitens des Auftraggebers auch nicht möglich, eine Brutto- oder Nettorenditeberechnung lege artis vor-zunehmen. Die Unterlagen sind vielleicht nicht mehr vorhanden (lange Zeit im Besitz, verschiedene Erbschaften, sehr alte, aber immer wieder renovierte Liegenschaft, etc.) oder der Eigentümer will der Verwaltung nicht sämtliche «Geheimnisse» preisgeben.

Die nachfolgenden Ausführungen stellen nur eine mögliche Betrachtungsweise der (rechtlichen) Gestaltung des Mietzinses beim Abschluss eines Mietvertrages dar und wollen nicht allein heilverkündend sein. Wie bereits erwähnt, spielen viele Faktoren in die Festsetzung der Höhe des Mietzinses hinein.

1.1. Beim „normalen“ Mietverhältnis

Grundsätzliche Schranke bildet OR Art. 269: Mietzinse sind missbräuchlich, wenn daraus ein übersetzter Ertrag erzielt wird. Umgekehrt formuliert ist ein Mietzins zulässig, solange damit kein übersetzter Ertrag erzielt wird. Es wird hier eindeutig der betriebswirtschaftliche Ansatz verfolgt, welcher berechenbar ist. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Mietzinse in der Nachbarschaft höher oder tiefer sind; auch nicht, welcher Mietzins auf dem Markt erzielt werden kann.

Unter angemessenem Ertrag versteht man grundsätzlich einen angemessenen Nettoertrag: Angemessen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundes-gerichtes ein Mietzins, der dem Vermieter die anfallenden Kosten deckt und dem investierten Eigenkapital einen angemessenenen Ertrag sichert[1]. Auf Ange-messenheit zu prüfen ist das prozentuale Verhältnis des Nettoerlöses zum Eigenkapital oder m.a.W. die prozentuale Höhe der Eigenkapitalverzinsung. Dabei zählt immer nur der konkret zu ermittelnde Ertrag des im allfälligen Streit stehenden Mietobjekt, weshalb die Ertragsberechnungen stets pro Mietobjekt anzustellen sind (wären). Die nach Mietrecht zulässige Nettorendite darf ½ % über dem Satz des Hypothekarzinses für erstrangige Hypotheken sein (also 5% bei 4 ½% Hypozins).

Die angemessene Nettorendite berechnet sich nach Elmar Gratz, a.a.O. S. 67 folgendermassen:

Nettorendite = (Nettoertrag / Eigenkapital) ✕ 100

Dabei ist das Eigenkapital so zu ermitteln:

Anlagekosten
./. Fremdkapital
+ Amortisationen
+ wertverm. Investitionen
---------------------------------
Eigenkapital

Das so ermittelte Eigenkapital ist auf den massgebenden Zeitpunkt noch zu aktualisieren (Aufrechnung Teuerung), dasselbe gilt für die Amortisationen und die wertvermehrenden Investitionen.

Der Nettoertrag kann aus den Daten der Liegenschaftsbuchhaltung entnommen werden und berechnet sich:

Nettoertrag = Nettomietzinseinnahmen abzgl. Liegenschaftsaufwand

Dabei wird verlangt, dass Durchschnittszahlen der letzten 3 Jahre in die Berechnung genommen werden, um zu verhindern, dass beispielsweise erhöhte Mietzinseinnahmen in einem Jahr und hohe Liegenschaftskosten in einem anderen Jahr ein verfälschtes Bild ergeben könnten.

Danach kann die effektiv erzielte Nettorendite berechnet werden. Wie bereits erwähnt, verlangt das Bundesgericht eine Betrachtungsweise, welche auf das einzelne Mietobjekt zielt. Das heisst für die Praktiker, dass sie für jedes Mietobjekt eine getrennte Nettorenditeberechnung machen müssen. Da dies einerseits mit den heute vorhandenen EDV-Programmen nicht möglich ist und auch sonst als mühsam empfunden wird, bietet sich die Aufteilung nach Nettowohnflächen der Wohnungen an. Andere Schlüssel wie m³ oder nach Wertquoten der Stockwerkeinheiten empfehle ich nicht, weil hier noch andere Faktoren hinzutreten können (bei Dachwohnungen viele m³ aber wenige m², oder Terassengrösse oder Aussicht können die WQ beeinflussen, etc.).

Eine solche Berechnung wird bei einer Weitervermietung aus Praktikabilitäts-überlegungen kaum immer angestellt werden. Es wird wohl eher versucht werden, die neue Miete auf die neusten Stände der (relativen) Kostenfaktoren (Hypozins, Teuerung, allg. Teuerung) zu bringen. Doch Achtung: Dies entspricht der soeben besprochenen Anforderungen an den nicht missbräuchlichen Mietzins nicht.

1.2. Indexierung und Staffelung

Vor allem bei Geschäftsräumen wird gerne von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Mietzins einem Index folgen zu lassen oder periodisch nach einem vordefinierten Schema anpassen zu können. Bei Wohnräumen ist diese Art der Anpassung des Mietzinses - gegenüber dem Welschland - eher unüblich, aber gelegentlich auch anzutreffen.

a. Indexierung

Eine Indexierung kann nur dann vorgesehen werden, wenn der Mietvertrag für mindestens 5 Jahre fest eingegangen wird (OR Art. 269b) und als Index der Landesindex der Konsumentenpreise (LIKP) vorgesehen wird.

Die fünfjährige Bindung an den Vertrag muss nach der Praxis nur den Vermieter treffen. Im Mietvertrag kann also vorgesehen werden, dass der Mieter auch vorher kündigen kann.

Der Mietzins folgt dabei zu 100% dem veränderten LIKP.

b. Staffelung

Hier muss der Vertrag für mindestens 3 Jahre fest abgeschlossen werden. Es gilt im Übrigen dasselbe wie für den indexierten Vertrag.

Achtung: Die Vereinbarung, dass beispielsweise bei einer Geschäftsmiete der Mietzins im ersten Jahr um Fr. 10'000.— jährlich, im zweiten noch um Fr. 5'000.— und im dritten Jahr dann den effektiv vereinbarten Mietvertrag betragen soll, wird von den Gerichten als Staffelung verstanden.

1.3. Andere Erhöhungsklauseln / Indizes?

Von Gesetzes wegen gibt es nur noch Staffelung und Indexierung, womit andere Klauseln eigentlich von vornherein ausser Betracht fallen. Die Umsatzmiete ist

aber weiterhin möglich, wie das Bundesgericht explizit festgehalten hat[2]. Die auf Umsatzsteigerungen basierenden Mietzinserhöhungen müssen weder mit dem amtlichen Formualr mitgeteilt werden, noch können sie durch den Mieter angefochten werden.

Bei der Wohnungsmiete versagen ähnliche Überlegungen, wie der «Ein-kommensabhängige Mietzins». Das Bundesgericht hat den einkommens-abhängigen Mietzins als mit dem Recht unvereinbar bezeichnet und zwar auch dann, wenn damit kein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt würde.[3]

2. Mietzinserhöhung beim laufenden Mietvertrag

Beim Mietvertrag handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis, also um einen Vertrag, welcher (grundsätzlich) auf eine lange Dauer angelegt ist. Deshalb muss den Parteien die Möglichkeit eingestanden werden, den Vertrag nötigenfalls geänderten Verhältnissen anzupassen. Das Mietrecht gestattet die einseitige Anpassung des Mietzinses unter gewissen Voraussetzungen, welche nachfolgend besprochen werden sollen.

2.1. Einseitige/zweiseitige Erhöhungsmöglichkeit

Wie bereits gesagt, können die Parteien - insbesondere die Vermieterschaft - den Vertrag in Bezug auf den Preis (Miete) einseitig für die Zukunft abändern. Es ist aber wie bei jedem anderen Vertrag auch möglich, Mietzinsveränderungen durch zweiseitige, sprich: vertragliche Vereinbarung (z.B. in einem Nachtrag zum Mietvertrag) vorzunehmen.

Das Bundesgericht fordert dabei, dass der Mieter über die Anfechtungs-möglichkeit informiert sein musste und darauf bewusst verzichtet hat und über-dies nicht unter Druck stand[4].

Die zweiseitige Erhöhungsmöglichkeit bietet sich vor allem für Objekte an, in welchen ohnehin ein gewisser Nachholbedarf an Erneuerung besteht. Hier kann der Verwalter versuchen, mit dem Mieter einen neuen Vertrag auszuhandeln, wenn dieser eine neue Küche oder Bad oder Bodenbeläge erhält. Selbst-verständlich darf dies eigentlich nicht missbraucht werden, um aufgeschobenen Unterhalt so nachholen zu können.

2.2. Die „absolute“ und die „relative“ Methode

Wie allgemein bekannt ist, kann ein laufendes Mietverhältnis grundsätzlich nur aufgrund der veränderten Kostenfaktoren oder Mehrleistungen des Vermieters seit der letzten Mietzinsfestsetzung erhöht werden (sogenannte relative Methode). Dazu nachfolgend mehr.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Mietverhältnis aber auch nach Massgabe der absoluten Erhöhungsgründe erhöht werden: 

  • Nettorendite.
  • Orts- und Quartierüblichkeit (vom BGer aber relativiert).
  • kostendeckende Bruttorendite bei neueren Bauten.

 Absolut heisst diese Methode deshalb, weil sie die Mietzinsfestsetzung unabhängig vom vorangegangenen Mietzins erlaubt.

Die Praxis hat bisher bei folgenden 6 Fällen die Anwendung der absoluten Methode gestattet: 

  1. Wenn der Vermieter einen gültigen Vorbehalt gem. Art. 18 VMWG ange-bracht hat. Hierbei reicht es nicht aus, einfach die Kostenstände (Hypozinssatz und Teuerungsstand) anzugeben. Gemäss der bisherigen Praxis ist folgendem Passus der Vorzug zu geben: „Die kostendeckende Brutto(Netto-)rendite ist nicht erreicht. Der Vorbehalt beträgt 15% und wird gegebenenfalls ausgeglichen. Dasselbe gilt auch für die Orts- und Quartierüblichkeit“. Ob eine solche Klausel vor dem Bundes-gericht stand hält, wurde bisher noch nicht «ausgetestet».
  2. Bei der Festlegung des Mietzinses nach Entlassung aus der behördlichen Kontrolle[5]
  3. Beim Ablauf der festen Dauer von Mietverträgen mit Indexklauseln[6]
  4. Beim Ablauf der festen Dauer von Staffelverträgen[7]
  5. Bei der Veräusserung einer Liegenschaft durch den neuen Eigentümer[8]
  6. Bei Erwerb durch Erbteilung. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Anlagekosten dem Anrechnungswert entsprechen und dieser aus den Erbschaftsunterlagen genau hervorgehen muss[9].

 Zudem kann einem Mietzinsherabsetzungsbegehren immer die nicht kosten-deckende Nettorendite entgegengehalten werden (vgl. Ziff. ?? hiernach).

2.2.1. Die Orts- und Quartierüblichkeit im Besonderen

Die Vermieter rufen gerne diesen Erhöhungsgrund an, welcher eigentlich ein absoluter Erhöhungsgrund ist (d.h. der bisherige Mietzins spielt bei der Berechnung eigentlich keine Rolle). Das Bundesgericht hat diese Begründung aber zurechtgestutzt, indem es festgehalten hat, dass wenn dieser Grund ohne entsprechenden Vorbehalt im Mietvertrag angerufen wird, lediglich die Veränderung der orts- und quartierüblichen Mietzinse seit der letzten Festsetzung berücksichtigt werden könne[10]. Deshalb wurde diese absolute Methode zur Relativen! Damit kann nur der prozentuale Anstieg zwischen dem alten Quartier-niveau und dem neuen Niveau zur Erhöhung dienen. Wie soll das jemand berechnen können?

Die Beweisführung ist äusserst schwierig, indem durch den Vermieter bei einer Anfechtung der Erhöhung mindestens 5 Vergleichsobjekte[11] beigebracht werden müssen, welche mit dem Mietobjekt vergleichbar sind. Die Kriterien sind: Lage, Grösse, Ausstattung, Zustand und Bauperiode. Wie schwierig und zeitaufwendig das Finden von reellen Vergleichsobjekten ist, zeigt die nachfolgende Praxis des Bundesgerichts: 

  • Eine 3-Zimmerwohnung mit Kabelanschluss ist mit einer solchen ohne Kabel nicht vergleichbar.
  • Eine Wohnung mit 87m² kann mit einer solchen von 75m² nicht verglichen werden, auch wenn man sie teuerungs- und flächenmässig bereinigt.
  • Eine Wohnung im 5. Stock kann mit einer im 1. Stock nicht verglichen werden.
  • etc.

 Es ist auch klar, dass ein quartierübergreifende Vergleichsmöglichkeit wohl ebenfalls ausscheidet. Eine Wohnung im Mattenhofquartier kann nicht mit einer aus der Länggasse verglichen werden. Zudem müssen die Vergleichsobjekte im Zeitpunkt der letzten Mietzinserhöhung und zum heutigen Stand verglichen werden, was einen immensen Zeit- und Geldaufwand mit sich bringt.

Fazit: die Anrufung der Orts- und Quartierüblichkeit als Erhöhungsgrund in Verträgen, welche keinen diesbezüglichen Vorbehalt aufweisen, ist fast unmöglich geworden.

2.3. Mietzinserhöhung beim unbefristeten Mietverhältnis (Wohnungen und

Geschäftsräume) nach relativer Methode

2.3.1. Formvorschriften

Der Vermieter muss eine Mietzinserhöhung mit dem amtlichen Formular mitteilen, welches vom Kanton, in welchem das Mietobjekt liegt, genehmigt sein muss. Dieses enthält die notwendigen Angaben und Belehrungen über die Anfechtungsmöglichkeiten und -modalitäten.

Das Formular muss zwingend die Unterschrift des Vermieters oder der Ver-waltung tragen, ansonsten die Mitteilung nichtig ist (OR 269d Abs. 2).

Bei Familienwohnungen muss die Mitteilung an beide Ehegatten getrennt er-gehen, was auch bei mehreren (Mit-)Mietern gilt. Auch bei rechtlich getrennten Ehen gilt dasselbe, weshalb die Verwaltung wissen muss, wo sich der zweite Ehegatte aufhält, bevor eine Mietzinserhöhung ausgesprochen wird.

Der Mietzins kann frühestens auf den nächstmöglichen Kündigungstermin hin erhöht werden und die Erhöhungsmitteilung muss mindestens 10 Tage, bevor die Kündigungsfrist auf diesen Zeitpunkt hin zu laufen beginnt, beim Mieter eingetroffen sein. Sonst gilt sie als auf den nächstmöglichen Kündigungstermin hin ausgesprochen.

Zuletzt besteht eine umfassende Begründungspflicht der Mietzinserhöhung: 

  • Die einzelnen Erhöhungsfaktoren sind zu erwähnen und mit einer Begrün-dung zu versehen («Erhöhung des Hypothekarzinssatzes von 4 auf 4½ %») und die Resultate auf den Mietzins zumindest als Prozentsätze aufzuführen, noch besser daneben in Franken.
  • Der alte Mietzins muss ersichtlich sein, ebenso der neu zu bezahlende.
  • Die Begründung darf seit 1996 in einem separaten Schreiben ergehen, das Formular hat in diesem Fall auf dieses Schreiben zu verweisen. 

2.3.2. Hypothekarzinserhöhungen

Ergeben sich Hypothekarzinserhöhungen, so gibt das dem Vermieter das Recht, das Mietverhältnis zu erhöhen. Dabei ist der Gesetzgeber ursprünglich von der Fiktion ausgegangen, dass 40% der Anlagekosten mit Eigenkapitalien, 60% mit Fremdkapitalien finanziert werden. Daher ergeben sich «krumme» Über-wälzungssätze, welche bekannt sein dürften. Massgebend ist der Zinsfuss, den die Kantonalbank oder die im Hypthekargeschäft vorherrschende Bank im Kanton für erstrangige variable Hypotheken verkündet.

Die Berner Kantonalbank veröffentlicht seit anfangs 2000 keine fixen Zinssätze mehr, sondern lediglich ein Zinsband, innerhalb welchem die Hypothekarzinsen individuell festgesetzt werden. Es besteht meines Wissens erst ein erst-instanzliches Urteil, welches noch nicht rechtskräftig ist, worin der Zinssatz von 4½% als massgebend bezeichnet wird. Weil die letzte Veröffentlichung der BEKB 4% versprach und hernach eine Erhöhung um ½ % mitgeteilt wurde, ist dieser Entscheid wohl richtig. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Entscheid des GK VIII Bern-Laupen Bestand haben wird oder nicht.

2.3.3. Ausgleich der Teuerung

Ebenfalls basierend auf dem Modell der Finanzierung von 60/40 darf der prozentuale Anstieg des LIKP bei Wohnungen nur zu 40% berücksichtigt werden.

2.3.4. Allgemeine Kostensteigerungen

Bisher wurde der Satz von 1% pro Jahr angewandt. Das Mietamt Bern hat aber verlauten lassen und wendet dies mit Konsequenz an, dass die Jahresteuerung in den letzten Jahren immer unter 3% gelegen hat, weshalb ab 1.1.2000 lediglich 0,5% pro Jahr akzeptiert werde. Dies ist m.E. nachzuvollziehen. Wenn die Teuerung wieder über 3% steigt, wäre dann wieder der Pauschalsatz von 1% gerechtfertigt.

2.3.5. Besondere Fragen

Bei der Überprüfung einer Mietzinserhöhung wird immer berücksichtigt, inwieweit frühere Hypothekarzinssenkungen weitergegeben worden sind. Die Praxis ist deshalb in der letzten Zeit dazu übergegangen, die Erhöhungen ab Beginn des Mietverhältnisses neu zu berechnen, was sich schon manchmal zu Lasten des Vermieters auswirkt. Bei Mietzinserhöhungs-Runden ist diese Berechnung als „Neunerprobe“ vorzunehmen.

An sich sollte der Eigentümer und Vermieter über die Nettorendite seiner Investition im Bild sein. Sofern die notwendigen Angaben vorhanden sind (Anlagekosten, Kaufpreis, Investitionen, etc.) empfiehlt es sich deshalb von vornherein, eine solche Berechnung vorzunehmen und dem Dossier beizufügen. Denn der Aufwand bei einer allfälligen Anfechtung einer Erhöhung oder

Durchsetzung einer Herabsetzung ist doch enorm und unter Zeitdruck vor-zunehmen.

2.4. Mietzinserhöhung bei Indexierung und Staffelung

Bei der Indexmiete wird im Vertrag in der Regel bestimmt, unter welchen Modalitäten und wann eine Mietzinserhöhung ausgesprochen bzw. wirksam wird. Die Erhöhung muss wie immer auf dem amtlichen Formular erfolgen, begründet und unterzeichnet werden. Der Mieter kann auch eine solche Erhöhung an-fechten, aber nur geltend machen, der Vermieter habe die Erhöhung nicht richtig berechnet. Eine Ertragsbetrachtung findet in keinem Fall statt.

Staffelmieten können kraft Gesetzes nur einmal pro Jahr erhöht werden auf den vorher im Mietvertrag definierten Betrag. Auch diese Erhöhung muss mit dem amtlichen Formular mitgeteilt werden. Der Mieter kann hier aber die Staffelungs-klausel nicht mehr anfechten (das geht nur im Rahmen der Anfangs-mietzinsanfechtung).

3. Mietzinsherabsetzung

Der Mieter kann den Mietzins anfechten und eine Herabsetzung auf den nächst-möglichen Kündigungstermin verlangen, wenn er Grund zur Annahme hat, dass der Vermieter wegen einer wesentlichen Veränderung der Berechnungs-grundlagen, vor allem wen einer Kostensenkung, einen übersetzten Ertrag aus der Mietsache erzielt (OR Art. 270a Abs. 1).

Die Modalitäten sind die folgenden:

  1. Der Mieter muss das Begehren beim Vermieter schriftlich stellen.
  2. Der Vermieter muss innert 30 Tagen Stellung nehmen
  3. Lehnt der Vermieter ab oder antwortet er innert 30 Tagen nicht, so kann der Mieter innert 30 Tagen die Schlichtungsbehörde anrufen.

Der Vermieter kann einem Mietzinsherabsetzungsbegehren die absolute Methode entgegenstellen, d.h. er kann argumentieren, dass die kostendeckende Nettorendite nicht erreicht sei oder mit der Herabsetzung unterschritten werde. Im Verfahren ist dies dann zu prüfen. Die Verwaltung muss also in Zeiten sinkender Hypothekarzinse - diese sind in der Regel der Auslöser von Herab-setzungsbegehren - stets bereit sein, die kostendeckende Nettorendite pro Mietobjekt nachweisen zu können. Denn die Beweislast im Mietrecht ist klar: der Mieter kann behaupten, der Vermieter hat das Gegenteil zu beweisen.

4. Mietzinserhöhung aufgrund wertvermehrender Investitionen

Der Mietzins kann nicht nur wegen veränderter Kostenfaktoren, sondern auch wegen Mehrleistungen des Vermieters erhöht werden. Solche Mehrleistungen sind in der Regel wertvermehrende Investitionen in das Mietobjekt, von welchen der Mieter direkt oder indirekt profitiert. Eine neue Küche bringt ihm einen direkten Nutzen, währenddem eine neue Fassade oder ein neues Dach nur indirekt Verbesserungen mit sich bringt (verminderte Heizkosten, ästhetische Verbesserungen der Wohn- oder Geschäftslage etc.).

Es kann unterschieden werden zwischen der umfassenden Renovation einer Liegenschaft (Totalsanierung) und punktuellen Verbesserungen der Mietsache (neue Küche, Bad, Bodenbeläge, Geschirrspüler, neue Fenster, etc.). Beide berechtigen den Vermieter zu Mietzinserhöhungen, doch die Berechnung folgt anderen Regeln. Grundsätzlich können aber nur Verbesserungen, welche zu einem Mehrwert der Mietsache führen, auf den Mietzins überwälzt werden. Der Gesetzgeber wollte mit dem sozialen Mietrecht nicht die Möglichkeit schaffen, dass jede noch so kleine Unterhaltsarbeit ohne Mehrwertanteil auf die Miete um-gelegt werden kann. Dementsprechend darf beim Ersatz von älteren Ein-richtungen und Installationen durch neue von besserer Qualität nur der damit geschaffene Mehrwert auf den Mietzins überwälzt werden[12].

4.1. Umfassende Renovationen oder Überholungen

Eine solche liegt vor, wenn mehrere Teile des Gebäudeinnern oder der Gebäudehülle erneuert werden. Obwohl solche Arbeiten immer auch zahlreiche werterhaltende Massnahmen beinhalten, gelten die Kosten für umfassende Renovationen in der Regel zu 50-70% als wertvermehrende Investitionen (VMWG Art. 14 Abs. 1). Der Vorteil dabei für den Vermieter ist klarerweise der, dass er nicht für jede Arbeit nachweisen muss, welcher Teil nun wertvermehrend und welcher Teil werterhaltend war, sondern eine Gesamtrechnung anstellen darf. Diese Erhöhungsmöglichkeit ist also für den Vermieter eine wesentliche Vereinfachung. Aber Achtung: man kann nicht in einem Jahr diese Erhöhung anrufen und dann im Folgejahr oder auch nur 5 Jahre später gleich wieder (deshalb auch «umfassende Renovation»). Es ist demnach zu empfehlen, die Erhöhung wirklich nur dann so zu berechnen, wenn es kaum mehr möglich ist, die werterhaltenden von den werterhöhenden Faktoren zu trennen. Eine Gegenrechnung lohnt sich eigentlich immer. Wenn die Berechnung der einzelnen Arbeiten zu einer höheren Mietzinserhöhung führt, dann immer diese Berechnungsart verwenden.

Es stellt sich immer die Frage, welchen Satz man anzuwenden hat. Während Mieterkreise selbstverständlich davon ausgehen, dass immer nur 50% der Kosten zu berücksichtigen sind, pendeln die Vermieter stets zwischen 60 - 70%. Wenn es zum Beispiel um eine Totalsanierung der Hülle geht (Fassade, Fenster, Balkone, Dach evtl. sogar dazu Umgebung), die Liegenschaft mehr als 35-40 Jahre alt ist und bisher diese Teile noch nie saniert wurden, ist wohl von der Mitte, also 60% auszugehen. Werden viele Teile als klar wertvermehrend anzusehen sein, ist der Satz zu erhöhen. Man «fährt» in der Regel mit 60% vor Mietamt und Richter recht gut.

Die Mietzinserhöhungen können erst dann angezeigt werden, wenn die Arbeiten beendet und die Rechnungen der Arbeiten beim Vermieter (Verwalter) vor-handen sind (VMWG Art. 14 Abs. 3). Dabei können bei längerdauernden Sanierungsarbeiten unter den gleichen Bedingungen durchaus auch mehrstufige (Teil-)Erhöhungen vorgenommen werden. Weitere Voraussetzung ist noch, dass die Erhöhungen nur (aber immerhin) nach Massgabe der erfolgten (Teil-) Zahlungen vorgenommen werden dürfen. Damit kann sich der Vermieter bereits während der Bauzeit eine tiefere Verzinsung der Baukosten „erkaufen“.

Wie berechnet man nun die Erhöhung?

  1. Zuerst sind die gesamten Baukosten zu ermitteln, wozu regelmässig die Bauabrechnung dient oder dienen sollte.
  2. Danach ist der Mehrwertanteil zu bestimmen (50-70%) und rechnerisch von den Baukosten zu ermitteln.
  3. Die Lebensdauer der Investitionen (Amortisationsdauer) ist festzulegen (20-25 Jahre).
  4. Die Pauschale für Unterhalt, Verwaltung und Risiko beträgt gemäss HEV 1,5% der wertvermehrenden Baukosten.
  5. Die Überwälzung auf die Mietzinse hängt nicht zuletzt auch vom geltenden Hypothekarzinssatz ab, welcher die Kosten für die Finanzierung der Investitionen bestimmt.

Selbstverständlich gibt es zwei Berechnungsarten: Einerseits diejenige des HEV’s, welcher mit der allseits bekannten Tabelle rechnet und andererseits auch diejenige des Mietverbandes, welcher auf einem Bundesgerichtsurteil von 1993[13] fusst, welche aber auch Argumente für sich hat.

Ich versuche mit dem folgenden Beispiel, die Unterschiede der Berechnungsart zu zeigen:

Eine Liegenschaft wird für Fr. 1 Mio. umfassend renoviert. Sie weist 15 3 ½ Zimmerwohnungen à je 100 m² Nettowohnfläche und 10 1-Zimmerwohnungen

mit je 40 m² und noch fünf 4 ½ Zimmerwohnungen mit 120 m² Fläche auf (somit total 2'400 m²). Bis auf Nuancen ist das bereinigte Mietzinsniveau in etwa bei allen Wohnungen gleich.

Baukosten: Fr. 1'000'000.—

Annahme: Mehrwertanteil 60% Fr. 600'000.—

Hypothekarzinsstand 5%

A. Berechnung nach HEV:

Diese basiert auf den Annuitätstabellen von Stauffer/Schätzle und der Er-kenntnis, dass je höher der Hypothekarzins ist, desto höher auch die Verzinsung der Investitionen auszufallen hat[14].

oder 7.43% von Fr. 600'000.--

Diese Berechnungsart wurde von HIGI im Zürcher Kommentar in N. 70 zu OR 269a als richtig bezeichnet (unter Hinweis auf BGE 118 II 421). Es ist schwierig zu sagen, welche Berechnungsart nun die tatsächlich die Richtige ist. Jedenfalls ist unbestritten, dass die Erhöhung sich aus einem Teil Amortisation, einer Verzinsung des investierten Kapitals und einem Zuschlag für Verwaltung und Unterhalt besteht.

Die Aufteilung auf die einzelnen Wohnungen geschieht in unserem Beispiel anhand der totalen Quadratmeter, womit sich eine Mietzinserhöhung von Fr. 21.50 (nach HEV) bzw. Fr. 18.56 pro m² Wohnfläche ergibt. Danach kann dies auf die einzelne Wohnung aufgeteilt werden.

4.2. Erhöhung bei Renovation von Teilen des Mietobjektes

Hier gilt es gleich wie bei der umfassenden Renovation zu ermitteln, ob die neuen Teile vorher schon vorhanden waren oder nicht bzw. wie hoch die Mehr-wertanteile der einzelnen Arbeiten sein müssen. Danach ist entweder nach der Tabelle des HEV oder der Berechnungsart des Mieterverbandes die Erhöhung zu berechnen.

5. Das rechtliche Inkasso von Mietzinsausständen

Ein brennendes und immer leidiges Thema ist, wenn der oder die Mieter ihre Miete nicht bezahlen oder bezahlen können. Einerseits kann mit OR Art. 257d vorgegangen werden, also das Mietverhältnis einer frühzeitigen, ausserordentlichen Kündigung zugeführt werden, was in der Regel wenig Geld in die Kasse bringt.

Wie ist nun vorzugehen?

Grundsätzlich ist die Miete eine Verfalltagsgeschäft, d.h. die einzelnen Raten sind auf den im Vertrag genannten Zeitpunkt hin zu bezahlen. Eine verspätete Bezahlung bedeutet zugleich Verzug des Mieters und er hat den gesetzlichen Verzugszins von 5% (oder vertraglich vereinbarten, höheren oder tieferen) zu bezahlen.

Regelmässig wird die Verwaltung den säumigen Mieter zunächst mahnen (evtl. unter Androhung der Kündigung oder nicht) und bei Nicht-Bezahlung innert Frist danach betreiben. Der Mieter erhebt in den meisten Fällen Rechtsvorschlag.

Was jetzt?

Der Mietzins wird im Mietvertrag vereinbart. Hierfür hat der Mieter (oder die Mieter) mit seiner Unterschrift eine Schuldanerkennung abgegeben.

Nach SchKG Art. 82 ist dem Gläubiger auf Gesuch hin die sogenannte provisorische Rechtsöffnung zu erteilen, wenn die Forderung auf einer durch Unterschrift anerkannten Schuld basiert. Das heisst, dass der Richter im relativ schnellen Rechtsöffnungsverfahren den Rechtsvorschlag des Mieter beseitigt, womit danach das Fortsetzungsbegehren gestellt werden kann, auf dessen Vollstreckung hin das Betreibungsamt eine Pfändung beim Mieter vornimmt oder juristischen Personen der Konkurs angedroht wird. Das Gesuch um Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung ist eine Rechtschrift, welche durch die Verwaltung nicht mehr vorgenommen werden kann. Entweder stellt der Vermieter/ Eigentümer dieses Gesuch selber oder es wird ein Rechtsanwalt mit der Wahrung der Interessen beauftragt. Das Auftreten vor Gericht ist, mit wenigen Ausnahmen, den Anwälten vorbehalten.

Es ist zu beachten, dass nur für die mit Unterschrift bekräftigte Schuld provisorische Rechtsöffnung erteilt werden kann. Daher fallen Mietzins-erhöhungen ausser Betracht, weil diese einseitige durch den Vermieter ausgeprochen worden sind und keine Unterschrift des Mieters aufweisen. Sollte aber in der Zwischenzeit ein Vergleich vor Mietamt oder aussergerichtlich abgeschlossen worden sein, so dient diese (unterschriftliche) Vereinbarung als Rechtsöffnungstitel auch für den erhöhten Mietzins. Bei sehr alten Mietverträgen (bspw. wurde mit Fr. 900.— angefangen, heute beträgt der Mietzins Fr. 1'500.—monatlich) ist es vorteilhafter, gleich das ordentliche Verfahren mittels Einleitung eines Schlichtungsversuches beim zuständigen Mietamt anzustrengen.

Gegen die Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung kann der Mieter innert 20 Tagen dies sogenannte „Aberkennungsklage“ erheben, indem er bei der Schlichtungsbehörde auf die Feststellung klagt, die Schuld bestehe nicht.

Ein allfällig mit der Sache betrauter Anwalt ist Ihnen äusserst dankbar, wenn ihm die benötigten Unterlagen komplett übergeben werden:

  • Mietvertrag
  • Mietzinserhöhungen
  • Geführte Korrespondenz bezüglich Mietzinserhöhungen
  • Mahnungen, Androhungen nach OR 257d
  • Auszug aus der Buchhaltung, aus welcher die offenen Mietzinse klar hervorgehen
  • evtl. Zahlungsbelege des Mieters, falls vorhanden

6. Exkurs: Die Wohnungsübergabe, Tipps aus rechtlicher Sicht

Immer wieder höre ich von Verwaltungen die Meinung, dass man Wohnungen nur auf die ordentlichen Kündigungstermine hin abzunehmen habe, aber sicherlich nicht auf den Zeitpunkt einer ausserterminlichen Kündigung hin. Offenbar hat dies Herr Portner in seinem damaligen Mietrechtskommentar in die Welt gesetzt.

Die Wohnungsübergabe mit Protokoll ist nichts anderes als eine Inventur des bei der Abgabe vorhandenen Zustandes des Mietobjektes. Im Idealfall kann anhand des Antritts- und des Übergabeprotokolls allfällige übermässige Abnützungen und Schäden, welche durch den Mieter verursacht worden sind, leicht ablesen. Das Mietobjekt ist deshalb immer dann abzunehmen, wenn der Mieter tatsächlich aus dem Mietobjekt auszieht. Denn wenn sie beispielsweise mit der Abnahme 3 Monate, nachdem der Mieter längstens ausgezogen, zuwarten, wird er vor Gericht unter Umständen mit Erfolg damit argumentieren können, dass all die Schäden nicht von ihm verursacht worden sind. Die Wohnungsabnahme impliziert nie eine Zustimmung zu einer frühzeitigen Rückgabe der Mietsache.

Wie ist vorzugehen, wenn eine Abnahme nicht mehr möglich ist, weil der Mieter nicht mitmacht oder unbekannten Aufenthaltes fortgezogen ist? In letzterem Fall stellt sich die Frage, ob man überhaupt eine Abnahme machen soll, denn wenn man nicht weiss, wo der Mieter ist, macht auch die Geltendmachung von Schäden keinen Sinn. Damit wäre alles verlorerene Liebesmüh’.

Wenn der Mieter nicht verschwunden ist und keine Schäden vorhanden, kann man ebenfalls auf die Aufnahme eines Übergabeprotokolles verzichten.

Im gegenteiligen Falle aber ist die Übergabe mit einem neutralen Experten (HEV oder Mieterverband) vorzunehmen, um bei späteren Streitigkeiten ein Be-weismittel (nämlich das neutrale Protokoll und einen Zeugen/Sachverständigen) in der Hand zu haben. Diese neutrale Übergabe sollte möglichst rasch nach dem Auszug stattfinden um dem Mieter das Argument, die Schäden seien durch jemand anderen verursacht worden, aus der Hand zu schlagen.

Wie ist vorzugehen, wenn der Mieter ohne Mitteilung auszieht (ohne Kündigung), fortbleibt, seine Wohnung weiterhin möbliert ist, etc.?

Grundsätzlich ist aus rechtlicher Sicht hier das Exmissionsverfahren zuständig, Eigenmacht scheidet eigentlich aus. Das Verfahren dauert aber – wie wir das letzte Mal gesehen haben – seine Zeit. Wenn Sie in eine Wohnung eindringen, welche verlassen wurde, machen Sie sich streng gesehen des Hausfriedens-bruches nach StGB Art. 186 schuldig. Doch wie immer: wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter! Deshalb ist es Ihrer Zivilcourage überlassen, wie Sie sich entscheiden. Jedenfalls ist die Problematik die, dass Sie in einem solchen Fall Möbel zu entsorgen haben, welche noch Wert haben könnten. Dies kann zusätzlich als Sachbeschädigung ausgelegt werden und Schadenersatzpflichten nach sich ziehen. Ein Einstellen der Möbel für längere Zeit rentiert aber ebenfalls nicht. Ich empfehle in solchen Fällen in der Regel die Kontaktaufnahme mit (allenfalls bekannten) Verwandten der Mieter. Sie helfen manchmal gerne, vor allem wenn es darum geht, dass ansonsten das Hab und Gut entsorgt werden wird. Sie wissen auch gelegentlich, wo sich der Mieter aufhalten könnte.

7. Schlusswort

Das Thema Mietzins und vor allem die Mietzinsanpassungsmodalitäten haben es in sich. Das Konfliktpotential mit den Mietern ist gross, zumal heute immer ein höherer Prozentsatz des Nettoeinkommens für den Mietzins aufgewendet wird oder werden muss. Da kann eine kleine Erhöhung schon zu existentiellen Nöten führen und damit zur Anfechtung der Erhöhungsmitteilung.

Wenn die Verwaltung die Mietzinse stets unter Beachtung der zulässigen Kriterien gestaltet, sollte es sich in der Regel immer zu Gunsten des Vermieters auswirken. Damit wird natürlich auf der anderen Seite auch vielfach noch grös-seres, aber ungesetzliches Erhöhungspotential verschenkt, doch die Beachtung der gesetzlichen Regeln gehört meines Erachtens auch zum Berufsethos und ist ein Garant zum längerfristigen Gedeihen einer guten Liegenschaftsverwaltung.

Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht, wenn man als Vermietervertreter die Regelungen und Berechnungen des Mieterverbandes verwendet. Denn erstens sind sie selten so viel schlechter als die «eigenen» und zweitens nimmt das den Mietverbands-vertretern vor der Schlichtungsbehörde oder vor Gericht «den Wind aus den Segeln». Jedenfalls tut man gut daran, vor allem bei der Berechnung von Mietzinserhöhungen auch diese Berechnungen in die Überlegungen miteinzubeziehen.

Fussnoten

  1. BGE 106 II 359, 112 II 152, 116 II 186, 117 II 80

  2. BGE 116 II 587 

  3. BGE 116 II 186 

  4. BGE 123 III 74

  5. BGE 123 III 171ff. 

  6. BGE 121 III 397ff.

  7. BGE 121 III 397 

  8. BGE 116 II 594, 600ff. 

  9. BGE 122 III 260, mp 1999 S. 139

  10. BGE 117 II 461 

  11. BGE 114 II 361

  12. BGE 110 II 407

  13. mp 2/1993 S. 88ff.

  14. siehe auch unter www.shev.ch

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