Zweitwohnungen: Bauliche und nutzungsmässige Änder...
Seitenbeginn

Öffentliches Recht

Zweitwohnungen: Bauliche und nutzungsmässige Änderungen altrechtlicher Wohnungen

Am 11. März 2012 traten die neuen Verfassungsbestimmungen zur Zweitwohnungsinitiative in Kraft. Das vorsorgliche Bewilligungsverbot kommt im Ergebnis einem Baustopp für Zweitwohnungen gleich – in all jenen Gemeinden, in denen der Zweitwohnungsanteil 20% erreicht.1 Welche Auswirkungen zeitigt diese Verfassungsänderung auf altrechtliche Wohnungen, die am 11. März 2012 bereits bestanden oder rechtskräftig bewilligt waren? 

Kürzlich hatte das Bundesgericht in diesem Zusammenhang folgenden Sachverhalt zu beurteilen: Für ein 1962 bewilligtes viergeschossiges Mehrfamilienhaus in St.Moritz wurde ein Baugesuch für den Umbau des Dachgeschosses zwecks Umnutzung als Studio eingereicht. Es ging um die Frage, ob auch bauliche Erweiterungen und Umnutzungen von altrechtlichen Zweitwohnungen unter das Bewilligungsverbot fallen.[2]

Das Baubewilligungsverbot wird gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung weit ausgelegt. Im Zweifel ist die Baubewilligung zu verweigern. Eine Umwandlung von Nebennutzungsflächen (Keller, Estrich, Waschküche, Trockenraum, Abstellraum etc.) in Hauptnutzungsflächen (Wohn- und Arbeitsräume, Flur, Treppe, Eingangshalle etc.) ist daher als unzulässige Erweiterung einer bestehenden Zweitwohnung zu qualifizieren. Die Umnutzung des Estrichs einer altrechtlichen Zweitwohnung in zusätzlichen Wohnraum ist somit derzeit nicht bewilligungsfähig. 

Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass – seit 11.März 2012 und mindestens bis zum Erlass des Ausführungsgesetzes – Erweiterungen der Bruttogeschossfläche altrechtlicher Zweitwohnungen verfassungswidrig sind und grundsätzlich nicht bewilligt werden.[3]

Der bundesrätliche Entwurf des Ausführungsgesetzes befindet sich derzeit in der parlamentarischen Beratung. Im Zusammenhang mit der vorliegenden Frage stehen folgende Varianten zur Diskussion: 

Die erste Variante erklärt die freie Umnutzung von alt­rechtlichen Wohnungen (Erst- in Zweitwohnungen und umgekehrt) sowie geringfügige bauliche Erweiterungen für zulässig, lässt aber Raum für kantonalrechtliche Bestimmungen gegen Missbräuche und unerwünschte Entwicklungen.

Die zweite und restriktivere Variante schreibt vor, dass altrechtliche Wohnungen grundsätzlich nur im Rahmen der bestehenden Hauptnutzungsfläche geändert werden dürfen. Zudem wäre die Umnutzung einer altrechtlichen Erstwohnung in eine Zweitwohnung bewilligungspflichtig und nur in Ausnahmefällen erlaubt. 

Die freie Umnutzung von Erst- in Zweitwohnungen (erste Variante) ist nicht unproblematisch, wird dadurch doch im Widerspruch zur Verfassungsbestimmung der Zweitwohnungsanteil in den Gemeinden erhöht. Umso erstaunlicher ist es, dass eine solche Umnutzung in der derzeit geltenden Zweitwohnungsverordnung als zulässig erklärt wurde.[4] Die Einführung einer Bewilligungspflicht für solche Umnutzungen (zweite Variante) ist hingegen mit diversen Vollzugsschwierigkeiten behaftet.[5]

Zusammenfassend wird das Ausführungsgesetz die derzeitige Regelung (keinerlei bauliche Erweiterung der Bruttogeschossfläche von Zweitwohnungen) entweder bestätigen oder zugunsten geringfügiger Änderungen auflockern. Nutzungsmässige Änderungen ohne Erweiterung der Bruttogeschossfläche werden entweder bewilligungsfrei oder bewilligungspflichtig sein. Nicht auszuschliessen ist auch die Entwicklung weiterer Varianten im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens. 

Aufgrund der unübersichtlichen rechtlichen Situation empfiehlt es sich in jedem Fall, bei baulichen oder nutzungsmässigen Änderungsprojekten für Wohnungen in Zweitwohnungsgemeinden juristischen Rat beizuziehen.

Fussnoten

  1. BGE 139 II 243 E.10.5 S. 257

  2. BGer 1C_68/2014 vom 15. August 2014

  3. Der Erlass der Zweitwohnungsverordnung am 22. August 2012 änderte an dieser Ausgangslage nichts, wurden diesbezüglich doch keine konkretisierenden Regelungen getroffen. BGer 1C_68/2014, E. 4.2

  4. Art. 3 Abs.1 ZwVO; vgl. Dettwiler, Die Zweitwohnungsverordnung, Eine Übersicht mit ausgewählten Schwerpunkten, in: SJZ 109 (2013) Nr. 5, S. 93

  5. Vgl. Griffel, Die Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative – eine Zwischenbilanz, in: ZBl 115/2014 S. 59 ff., S. 79

Artikel speichern

pdf (51 KB)

Artikel teilen

Share