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Öffentliches Recht

Das bundesrechtliche Plangenehmigungsverfahren meinem Sohn erklärt

Mama, was bedeuten die orangen Schilder, welche ich auf dem Schulweg im Feld von Bauer Dick gesehen habe?

Das sind Markierungssignale, welche den Verlauf von Gashochdruckleitungen anzeigen.

Was sind Gashochdruckleitungen und wofür braucht man diese?

Gashochdruckleitungen sind Leitungen, in welchen Erdgas mit hohem Druck befördert wird. Das Erdgas wird von den Hochdruckleitungen direkt an Industriebetriebe abgegeben oder für Nachbarstaaten durch die Schweiz transportiert. Ein Teil des Erdgases wird über Druckreduzierstationen in Niederdruckleitungen eingespeist. Über diese Leitungen gelangt das Gas zu den Endverbrauchern wie z.B. Privathaushalten zur Wärmeerzeugung.

Stören denn diese Leitungen Bauer Dick nicht bei seiner Arbeit?

In der Regel wird der Grundeigentümer im Alltag kaum durch solche Leitungen eingeschränkt. Die Leitungen liegen in der Landwirtschaftszone und befinden sich zwischen einem und vier Metern unterhalb der Erdoberfläche. Einzig die Markierungssignale und allfällige Bewirtschaftungsbeschränkungen direkt über der Leitung können zu Problemen führen. Der Grundeigentümer ist auch verpflichtet, für eigene Bauvorhaben innerhalb eines Abstandes von 10 m beidseits der Leitung eine Bewilligung von der zuständigen Behörde einzuholen. Meist hat der Grundeigentümer aber mit den grössten Einschränkungen während des Baus der Leitung zu rechnen.

Weshalb das? Und kann er etwas dagegen tun?

Beim Bau der Leitung wird ein Graben ausgehoben. Der Aushub wird meist vor Ort zwischengelagert. Es müssen Baupisten und Installationsplätze erstellt werden. Ein gesetzlich geregeltes Verfahren, das Plangenehmigungsverfahren, regelt dabei die Rechte und Pflichten sämtlicher Verfahrensbeteiligter.

Wer sind denn die Beteiligten und wie läuft ein solches Verfahren ab?

Beteiligt sind das Unternehmen, welches die Leitung erstellt und später betreiben will, betroffene Grundeigentümer und Nachbarn sowie Dritte wie Umweltschutzorganisationen usw.

Das bauwillige Unternehmen muss dem Bundesamt für Energie (BFE) ein Plangenehmigungsgesuch einreichen. Das Gesuch enthält sämtliche Angaben, die für dessen Beurteilung notwendig sind. So enthält es u.a. technische Angaben wie die Länge der geplanten Leitung oder den maximal zulässigen Betriebsdruck. Das Gesuch macht auch Ausführungen über mögliche Probleme beim Bau (Grundwasser, Naturgefahren, Flussquerungen usw.). Wichtig sind zudem Informationen betreffend die Sicherheit der Leitung (Wandstärke, Verlegungstiefe, allfällige Schutzplatten usw.). Selbstverständlich enthält ein solches Gesuch überdies die nötigen Pläne zur Veranschaulichung des Projekts.

Und wie weiss jetzt Bauer Dick, dass auf seinem Grundstück eine Leitung gebaut werden soll?

Ist das Gesuch beim BFE eingegangen, wird der vom Projekt betroffene Kanton vom BFE aufgefordert, für die Publikation des Gesuchs zu sorgen. Zu diesem Zweck wird das Gesuch im Amtsblatt oder im Anzeiger des betreffenden Kantons beziehungsweise der Gemeinde publiziert. Gleichzeitig werden die Gesuchsunterlagen während 30 Tagen bei der Gemeindeverwaltung aufgelegt.

Kann jeder dieses Gesuch einsehen?

Ja. In der Regel sehen sich die betroffenen Grundeigentümer oder die Pächter, aber auch Nachbarn und Umweltschutzorganisationen, diese Gesuche an. Innerhalb der Auflagefrist können die vom Projekt Betroffenen beim BFE Einsprache gegen das Projekt erheben.

Was passiert dann?

Das BFE holt beim betroffenen Kanton eine Stellungnahme ein. Gleichzeitig fordert es verschiedene Bundesämter zu einer Stellungnahme auf.

Was ist mit «Stellungnahme» gemeint?

Mittels Stellungnahme können der Kanton oder die angefragten Bundesämter dem BFE mitteilen, ob und unter welchen Voraussetzungen sie mit dem Projekt einverstanden sind. Führt das Projekt beispielsweise durch ein Amphibienlaichgebiet, kann der Kanton oder das Bundesamt für Umwelt dem BFE beantragen, die Plangenehmigung sei nur zu erteilen, falls die Baugruben abends und an den Wochenenden abgedeckt werden.

Die zur Stellungnahme aufgeforderten Fachstellen des Bundes (Bundesamt für Umwelt, Bundesamt für Landwirtschaft, Eidgenössisches Rohrleitungsinspektorat u.a.) können dem BFE überdies mitteilen, welche Punkte aus ihrem Fachgebiet zu beachten sind und mit welchen Auflagen dies erreicht werden könnte.

Was geschieht, wenn eine Fachstelle nicht mit dem Projekt einverstanden ist oder sich deren Forderungen widersprechen?

Äussern die Fachstellen Vorbehalte gegen das Projekt, führt dies im äussersten Fall zu dessen Abweisung. Solche Vorbehalte können auch im Laufe des Verfahrens ausgeräumt werden und zu entsprechenden Projektanpassungen führen.

Wenn sich Forderungen einzelner Fachstellen widersprechen, wird ein sogenanntes Differenzbereinigungsverfahren durchgeführt. Wird auf den einzelnen Verwaltungsebenen keine Einigung erzielt, entscheidet am Ende der Bundesrat über die Differenz.

Und was geschieht mit den Einsprachen?

Vorab entscheidet das BFE, ob eine Einspracheverhandlung durchgeführt werden soll. Steht eine Enteignung im Raum, ist das BFE verpflichtet, eine Einigungsverhandlung durchzuführen. Bei beiden Verhandlungen soll nach einvernehmlichen Lösungen gesucht werden. Meist ist im Rahmen dieser Verhandlungen auch ein Augenschein vorgesehen.

Was geschieht nach einer solchen Verhandlung?

Liegen alle nötigen Stellungnahmen und Projektunterlagen vor, entscheidet das BFE über das Plangenehmigungsgesuch. Der Entscheid des BFE wird den Parteien eröffnet. Wird das Gesuch abgewiesen, konnte mit den Einsprechenden keine Einigung erzielt werden, oder wurden die Einsprachen abgewiesen, kann der Entscheid an das Bundesverwaltungsgericht und später ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Wird ein solcher Entscheid oft weitergezogen?

Rechtsmittel werden bei Plangenehmigungsverfahren betreffend Gashochdruckleitungen eher selten ergriffen. Meist werden die Projekte vor der Gesuchseinreichung breit abgestützt. Die Gesuchstellenden kontaktieren die betroffenen kantonalen Fachstellen und/oder die Bundesfachstellen sowie  die betroffenen Grundeigentümer im Voraus. So können mögliche Vorbehalte bereits bei der Ausarbeitung des Projekts berücksichtigt werden.

Gibt es andere Bauten, die ein solches Verfahren nötig machen? Und was ist deine Aufgabe dabei?

Solche oder ähnliche Verfahren gibt es beim Bau sämtlicher Infrastrukturanlagen wie dem Autobahnbau, dem Bau von Hochspannungsleitungen oder dem Bau von Eisenbahnlinien usw.

Meine Aufgaben in diesem Bereich sind vielfältig. Ich unterstütze die Gesuchstellenden bei der Vorbereitung des Gesuchs und während des Verfahrens. Von einem Projekt Betroffene, Gemeinden oder Kantone finden bei mir ebenso Rat wie allfällige Bauunternehmen, welche am Bau der einmal bewilligten Anlagen beteiligt sind.

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