Mediation bei baurechtlichen Konflikten
Seitenbeginn

Öffentliches Recht

Mediation bei baurechtlichen Konflikten

Bauvorhaben sind wegen ihrer technischen Komplexität, der Vielzahl von Beteiligten und des zunehmenden Zeit- und Kostendrucks sehr konfliktanfällig. Der Weg vor Gericht, meist verbunden mit zeitaufwendigen und kostspieligen Gutachten, erscheint für die am Bau Beteiligten oft als einzige Möglichkeit, um zu ihrem Recht zu kommen. Doch ist dies tatsächlich der einzige und vor allem der geeignetste Weg zur Konfliktlösung?

Die Mediation als Verfahren der alternativen Streitbeilegung hat sich in verschiedenen Bereichen bereits etabliert, so etwa in Familien- und Erbschaftsangelegenheiten oder an Schulen. Doch auch in Wirtschaftsbereichen – etwa bei Unternehmensumstrukturierungen oder bei Konflikten in Projektteams scheint sich das Bewusstsein, dass ein funktionierendes Konfliktmanagement für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg mitentscheidend ist, zunehmend durchzusetzen.

Dabei erkennen immer mehr Wirtschaftsteilnehmende das Potenzial, unterschiedliche Konfliktlösungsmethoden für unterschiedliche Konfliktsituationen wählen zu können. Immer häufiger wird dabei, nebst dem bekannten und daher oft naheliegenden Gang ans Gericht, beispielweise ein Schiedsverfahren gewählt oder eben eine Mediation.

Es wäre weder fundiert noch richtig, zu behaupten, die Mediation sei stets der bessere Weg als der gerichtliche. Doch gibt es durchaus Konstellationen, in denen eine Mediation gerade auch in Wirtschaftsbereichen eine raschere und nachhaltigere Lösung bietet als ein gerichtliches Verfahren. Denn: Durch einen gerichtlichen Entscheid wird ein Konflikt oft nur formell beendet – ohne dabei zwischen den Parteien wirklich gelöst zu werden. Bei Bauvorhaben kann das Mediationsverfahren nicht nur klassisch zur Konfliktlösung gewählt werden, sondern es kann bereits zur Konfliktprävention ein wertvolles Instrument sein.

Komplexe technische Fragen, rechtlich starre Rahmenbedingungen, Zeit- und Kostendruck, unerwartete Störungen im Bauablauf und eine auf längere Zeit ausgelegte Zusammenarbeit sind nur einige der Herausforderungen, mit denen sich Parteien im Baubereich häufig konfrontiert sehen. Die gängigen Instrumente zur Konfliktlösung in Form von Verfahren vor staatlichen Gerichten sind aufgrund des vorgegebenen Verfahrensablaufs oftmals in zeitlicher Hinsicht wenig geeignet und führen zu Bauablaufstörungen. Gerichte sind juristisch kompetente und nicht technisch geschulte Spruchkörper, was den kostspieligen und zeit- raubenden Beizug von Experten erfordert. Zudem kann auch die Schriftlichkeit von Verfahrensteilen hinderlich sein.

In Anbetracht dieser spezifischen Herausforderungen kann die Mediation – insbesondere in Form der interdisziplinären  Co-Mediation – eine valable Alternative bieten.

Stärken fachkompetenter Mediationspersonen

Interdisziplinarität impliziert Fachkompetenz. Entgegen einer in Mediationskreisen nicht selten anzutreffenden Auffassung, wonach Fachkenntnisse der Mediatoren zum konkreten Konfliktthema nicht erforderlich sind, ist die Wahl fachkompetenter Mediationspersonen in baurechtlichen Streitigkeiten essenziell – und gleichzeitig ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Die fachkompetente Besetzung muss dabei regelmässig in zweierlei Hinsicht gegeben sein: Einerseits gilt es, technisch tatsächlich realisierbare und innert nützlicher

Frist umsetzbare Lösungen für das Bauprojekt zu finden. Andererseits gibt es rechtlich zwingende Rahmenbedingungen, wie öffentlich-rechtliche Bauvorschriften oder sicherheitsrelevante technische Normen, deren Einhaltung auch in einem Mediationsverfahren zwingend gewährleistet sein muss, und welche die potenziellen Lösungsmöglichkeiten faktisch limitieren.

Gleichzeitig ist die Möglichkeit, fachlich besonders geeignete Mediatoren beizuziehen, einer der grossen Vorteile. Im Mediationsverfahren können jeweils für das konkrete Streitthema fachlich besonders qualifizierte Personen als Mediatoren bestimmt werden (Ingenieur, Architekt, Geologe oder Vertreter eines Gewerks etc.). Ergänzt wird das interdisziplinäre Mediationsteam idealerweise durch einen Juristen/Rechtsanwalt; es können aber auch einmal andere Kompetenzen gefragt sein. Ein derart zusammengesetztes interdisziplinäres Co-Mediationsteam ist von der Fachkompetenz her durchaus mit einem Handelsgericht vergleich- bar, dürfte aber punkto Kosten, Zeitersparnis sowie Nachhaltigkeit der Lösung für die Parteien in zahlreichen Fällen den staatlichen Gerichten vorzuziehen sein. Ein weiterer Vorteil ist der konsequente Ausschluss der Öffentlichkeit. Besonders mit Blick auf das zunehmende mediale Interesse, insbesondere bei Grossbauprojekten, dürfte diese Vertraulichkeit wertvoll sein.

Anders als in Verfahren vor staatlichen Gerichten, bei welchen nur behandelt wird, was von einer Partei vorgebracht wird, wird es im Mediationsverfahren durchaus gewünscht und für eine rasche Lösungsfindung hilfreich sein, dass die Fachexperten eigene Lösungsoptionen einbringen respektive bei der Erarbeitung von Lösungen durch die Konfliktparteien aktiv mitwirken. In Beachtung der allgemeinen Mediationsgrundsätze, insbesondere der Eigenverantwortung, haben die Mediatoren ihr Fachwissen dabei sorgfältig einfliessen zu lassen. Während die Parteien den Mehrwert der vorhandenen Fachkompetenz für die Streitbeilegung nutzen, soll das Ergebnis eine eigene, freiwillige Lösung darstellen.

Vorteile eines baubegleitenden Mediationsboards

Ein weiteres, in unseren Rechtskreisen noch weniger bekanntes Einsatzgebiet von interdisziplinären Mediationsgremien im Baurecht ist die baubegleitende Mediation. Im angelsächsischen Raum ist diese Methode vor allem bei grösseren Bauvorhaben bereits weit verbreitet. Dabei wird zu Beginn der Planungs- oder Ausführungsphase ein ständiges Mediationsboard bestimmt, das während der gesamten Bauphase bei  aufkommenden Konflikten innert kürzester Zeit ad hoc einsatzbereit ist. Das ständige Board hat den grossen Vorteil, dass dessen Mitglieder das Bauprojekt bereits von Anfang an bestens kennen und keine Zeit durch langes Eindenken in das Bauvorhaben verloren geht. Zudem können die Mitglieder dieses Boards je nach Konflikt in spezifischen Konstellationen tagen und sind rasch verfügbar. Nicht zuletzt kann ein solches ständiges Board auch präventiv gegen Konflikte wirken oder zumindest deren Eskalation verhindern, indem rasch und vorausschauend Massnahmen ergriffen werden können.

Gute Chancen auf eine nachhaltige Konfliktlösung

Idealerweise kann in einer Mediation ein Ergebnis erzielt werden, das beide Seiten je für sich als Gewinn betrachten. Dies ist möglich, da die subjektiven Interessen der Konfliktparteien für die getroffenen Vereinbarungen ausschlaggebend sind. Die Parteien bleiben bei ihrer Lösung nicht darauf beschränkt, Rechtsansprüche durchzusetzen. Vielmehr können wirtschaftlich sinnvolle, zukunftsgerichtete und auf eine vertrauensvolle weitere Zusammenarbeit abzielende Ergebnisse erreicht werden.

Oftmals werden im Rahmen einer Mediation weitere, auf den ersten Blick teils unwichtig erscheinende Nebenschauplätze in die Lösung miteinbezogen, was die Nachhaltigkeit der Konfliktbeilegung steigert. Zudem sind die Beteiligten eher gewillt, eine selbst erarbeitete Konfliktlösung umzusetzen, als dies etwa bei einem Urteil des Richters der Fall wäre. Diese Faktoren tragen generell zu einer hohen Ergebnisqualität von Mediationsverfahren bei, sodass sich eine Mediation in Gestalt einer interdisziplinären Co-Mediation in baurechtlichen Konflikten als zielführende, nachhaltige und effiziente Konfliktlösungsmethode anbietet.

Artikel speichern

pdf (181 KB)

Artikel teilen

Share