Praxisänderung bei der Nettorenditeberechnung der ...
Seitenbeginn

Privatrecht

Praxisänderung bei der Nettorenditeberechnung der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen

Vor längerer Zeit hat der Autor bereits in einem Rechtsbrief die Frage der Berechnung des angemessenen Mietzinses abgehandelt. Lange Zeit ist die Rechtsprechung hierzu mit Nuancen stets gleich geblieben. In der Praxis wurden vielfach elektronische Rechner auf diversen Websites eingesetzt, um die Nettorendite genau zu berechnen, welche beispielsweise einem Mietzinssenkungsbegehren eines Mieters entgegengehalten werden konnte und als Gradmesser für einen nicht übersetzten Ertrag galt.

Mit dem Entscheid BGE 147 III 14 (MRA 202, 163 ff. und mp 2021, 45 ff.) hat das Bundesgericht eine entscheidende und wichtige Praxisänderung bei der Nettorendite vorgenom­men, die viel Aufsehen erregt hat. Die Nettorenditeberech­nung gemäss OR Art. 269 erfolgt gemäss Bundesgericht in den berühmten Seven Thinking Steps (vgl. ZBJV 2021, S. 291). Im Fokus des nun zu diskutierenden Entscheides liegt aber die Berechnung der investierten Eigenmittel zwecks Aus­gleichs der Teuerung auf dem risikotragenden Kapital und die Bestimmung des höchstzulässigen Ertrages.

Die investierten Mittel sind die Anlagekosten minus die Fremdkosten (Hypothek). Diese Eigenmittel sind dann mithilfe des Landesindexes der Konsumentenpreise anzupassen. Seit 1994 (BGE 120 II 100) gilt, dass nicht das gesamte investierte Eigenkapital massgebend sei, sondern nur 40% der Eigenmittel zu indexieren seien.

Mit dem neuen Entscheid nun sind 100% der investierten Eigenmittel der Teuerung anzupassen. Als zulässiger Zinssatz galt bisher seit Einführung des neuen Mietrechts 1990 der Grundsatz, dass dieser maximal 0,5% höher als der Erst­ hypothekensatz liegen dürfe. Neu ist nun, dass der Zuschlag nach Bundesgericht 2% betragen soll, solang der Referenz­ zinssatz nicht mehr als 2% beträgt. Die Konsequenzen sind gross, vor allem bei Anfangsmietzinsanfechtungen.

Das Urteil hat verschiedene Auswirkungen, die über die reine Arithmetik hinausgehen:

  • Die Regel, dass der höchstzulässige Ertrag der Eigenmittel nicht mehr nur 0,5% höher als der Referenzzinssatz, sondern 2% betragen dürfe, gilt nur bis zu einem Referenz­zinssatz von 2%. Was ist, wenn dieser mehr als 2% beträgt?
  • Nach Art. 269 a lit. b OR sind Mehrleistungen des Vermieters zu berücksichtigen, wertvermehrende Investitionen dürfen zudem ebenfalls überwälzt werden. Dasselbe gilt im Wesentlichen auch für die Verzinsung von ausserordentli­chen Unterhaltskosten. Hier ist nicht klar, was zukünftig gelten soll, allenfalls eben auch 2%. Das Bundesgericht hat diese Frage zu klären, insbesondere, ob der Zuschlag von 2% zukünftig auch hier richtig ist oder nicht.
  • Dies wird somit zukünftig zu grösseren Mietzinsaufschlägen führen, sobald die Frage der Nettorendite hierfür entschei­dend ist. Diese Entwicklung muss man nun berücksichtigen.
  • Die Vermieterinnen und Vermieter können sich neu etwas einfacher und erfolgreicher gegen Mietzinsherabsetzungs­begehren und Anfangsmietzinsanfechtungen zur Wehr setzen und diese erfolgreicher als bisher abwenden.
  • Die Regeln kann man nicht nur bei einem Senkungs­ oder Anfangsmietzinsbegehren anwenden. In diesem Fall werden sich auch Private oder grössere Liegenschaftsverwaltungen die Hände reiben und die Regeln auch für Kellergeschosse und sonstige vermietete Flächen zur Anwendung bringen.

Auch bei der Festlegung des Anfangsmietzinses besteht die Gefahr, dass dieser massiv steigen könnte.

Das Bundesgericht hat entschieden, und die Vermieter haben nun neue Regeln erhalten, die es ihnen weitaus einfacher als bisher machen, Senkungswünschen der Mieter entgegen­zutreten. Aber auch die Anfangsmieten werden sich mehr gegen oben orientieren, wenn man die Nettorendite als Gradmesser für die Festlegung des Mietzinses versteht.

 

Artikel speichern

pdf (109 KB)

Artikel teilen

Share